Auch beim Verwenden des Musterprotokolls zur GmbH-Gründung besteht das Eintragungserfordernis bei späteren Änderungen
Der Gesetzgeber hat mit dem vereinfachten Verfahren eine Möglichkeit zur kostengünstigen Gründung einer GmbH mit wenig Aufwand geschaffen (§ 2 Abs. 1a GmbHG). Hierbei ist das gesetzlich vorgegebene Musterprotokoll zu verwenden, das dann auch als Gesellschaftsvertrag, Gesellschafterliste und zur Geschäftsführerbestellung dient.
Auch wenn dieses Musterprotokoll zur Gründung verwendet wurde, müssen spätere Änderungen vollständig, d.h. das gesamte Musterprotokoll, zur Eintragung im Handelsregister eingereicht werden. Dies gilt für alle gesellschaftsvertraglichen Regelungen des Musterprotokolls (z.B. auch Nr. 4 betreffend der Erstbenennung des Geschäftsführers und zur Aufhebung der Beschränkung des Insichgeschäfts), selbst wenn diese gar nicht geändert wurden.
Das ergibt sich aus einem Beschluss des Kammergerichts (KG) Berlin vom 17.05.2024 (22 W 27/24).
Sachverhalt
Dem Beschluss des KG Berlin liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) (UG) wurde im vereinfachten Verfahren mit Musterprotokoll gegründet. In der Folge beschloss die alleinige Gesellschafterin eine Änderung des Unternehmensgegenstands (Nr. 2 Musterprotokoll). Diese Änderung wurde zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet. Hierzu reichte die Geschäftsführerin ein notariell beurkundetes Dokument ein, das die geänderte Fassung der Nr. 2 des Musterprotokolls enthielt, sowie die unveränderten Regelungen Nr. 1, 3 und 5 des Musterprotokolls. Allerdings wurde Nr. 4 des Musterprotokolls, deren Gegenstand die Erstbenennung des Geschäftsführers und dessen Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) ist, nicht aufgeführt.
Das Registergericht lehnte die Eintragung der Änderung unter Verweis auf diese fehlende Angabe zur Geschäftsführung ab. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Beteiligten.
Die Entscheidung des KG Berlin vom 17.05.2024 (22 W 27/24)
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Denn bei der Anmeldung einer Änderung des Gesellschaftsvertrags ist der notariell beurkundete vollständige Wortlaut des Gesellschaftsvertrags beizufügen. Inhaltlich erfordere dies eine einheitliche Niederschrift des geltenden Gesellschaftsvertrags. Wenn die Gründung im vereinfachten Verfahren unter Verwendung des Musterprotokolls erfolgt, gehöre zu den einzureichenden Dokumenten daher dann auch das vollständige Musterprotokoll. Da in dem eingereichten Musterprotokoll die Regelung Nr. 4 betreffend die Geschäftsführung fehlte, seien diese Anforderungen hier nicht erfüllt. Nr. 4 Musterprotokoll sei vom Inhalt her (Geschäftsführung und Befreiung im Verbot des Insichgeschäfts) eine gesellschaftsvertragliche Regelung. Dass diese im entschiedenen Fall inhaltlich nicht geändert wurde, ist nach Ansicht des Gerichts unerheblich.
Praxishinweis
Die GmbH ist die beliebteste Kapitalgesellschaftsform. Sie ermöglicht eine Beschränkung der Haftung auf das Vermögen der GmbH und hat weitestgehend liberale Möglichkeiten zur inhaltlichen Ausgestaltung des Gesellschafsvertrags. Die Gründung der GmbH kann entweder in einem regulären Verfahren oder im vereinfachten Verfahren mit der Verwendung des vorgegebenen Musterprotokolls erfolgen.
Das vereinfachte Verfahren erleichtert die Gründung einer GmbH und macht diese kostengünstiger, indem es durch ein vordefiniertes Muster und Abläufe den Aufwand für die Gesellschafter minimiert. Das vereinfachte Verfahren kann sowohl für die Einpersonengesellschaft als auch für Mehrpersonengesellschaften (aber nur maximal 3 Gesellschafter!) gewählt werden. Sofern die Beteiligten das vereinfachte Verfahren für die Gründung ihrer Gesellschaft wählen, läuft dies in wenigen Schritten ab:
(1.) Zunächst wird das Musterprotokoll anstelle eines individuellen Gesellschaftsvertrags verwendet und ausgefüllt. Das Musterprotokoll enthält folgende Punkte:
- Nr. 1: Firma und Sitz der Gesellschaft,
- Nr. 2: Gegenstand des Unternehmens,
- Nr. 3: Stammkapital & Übernahme durch die Gesellschafter und Verteilung,
- Nr. 4: Bestellung des Geschäftsführers & Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts,
- Nr. 5: Übernahme der Gründungskosten,
- Nr. 6: Verteilung der Ausfertigungen/Kopien von der Gründungsurkunde, und
- Nr. 7: Hinweise des Notars
(2.) Das ausgefüllte Musterprotokoll muss dann beim Notar beurkundet werden.
(3.) Ist das Stammkapital (GmbH: EUR 25.000/UG: ab EUR 1) aufgebracht, meldet der Notar die Gesellschaft zur Eintragung im Handelsregister an.
(4.) Ab dem Zeitpunkt der Eintragung kann die GmbH ihre Geschäfte aufnehmen.
Das vereinfachte Verfahren ist allerdings kein Allzweckmittel zur Gründung einer GmbH. In vielen Fällen entspricht dies nicht den Bedürfnissen der Gesellschafter. So kann dies bereits nur in Gründungskonstellationen mit maximal 3 Gesellschaftern und nur 1 Geschäftsführer gewählt werden. Darüber hinaus ist das vereinfachte Verfahren ausgeschlossen.
Weiterhin ist das vereinfachte Verfahren ungeeignet, sofern die Gesellschafter untereinander (Innenverhältnis) individuelle Abreden/Regelungen treffen wollen (z.B. Zustimmungserfordernisse zu bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen, besondere Mehrheitserfordernisse für bestimmte wichtige Gesellschafterbeschlüsse, Gewinn- und Verlustverteilungen, Gewinnverwendungsregelungen, etc.). Individuelle Anpassungen und Abweichungen vom gesetzlich festgelegten Musterprotokoll sind nicht möglich. Daher ist für Mehrpersonengesellschaften das vereinfachte Verfahren mit Musterprotokoll regelmäßig nicht der beste Weg.
Gleichlaufend zwischen der individuellen Gründung mit individuell ausgestalteter Satzung und der Gründung mit Musterprotokoll ist wiederum der Umgang mit späteren Änderungen. Diese unterliegen bei beiden Gründungskonzepten den üblichen streng formalisierten Vorgaben zur Satzungsänderung (Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter, Eintragung). Dies hat das KG Berlin in seiner Entscheidung für das vereinfachte Verfahren nochmals deutlich gemacht.
Sofern eine individuelle Gestaltung der GmbH gewünscht und/oder auf Grund der Umstände im jeweiligen Fall notwendig ist, kann dies nur mit einem individuell angepassten Gesellschaftsvertrag erreicht werden. Das vereinfachte Verfahren ist hierfür nicht geeignet.
19. September 2024