

Die einer Abspaltung zugrunde liegende Schlussbilanz muss zum Zeitpunkt der Anmeldung der Abspaltung zum Handelsregister aufgestellt und festgestellt sein. Die Bilanz irgendwann nachzureichen, genügt nicht.
Das deutsche Umwandlungsgesetz (UmwG) sieht verschiedene Möglichkeiten für die Umstrukturierung von Unternehmen vor: So können Gesellschaften verschmolzen, gespalten oder formgewechselt werden. Eine in der Praxis häufige Variante der Spaltung ist die „Herauslösung“ eines Teilbetriebs aus einem Unternehmen („Übertragender Rechtsträger“) und die Übertragung dieses Teilbetriebs auf eine andere Gesellschaft („Übernehmender Rechtsträger“). Hintergrund ist häufig, dass der abgespaltene Teilbetrieb nicht mehr ins Portfolio der Unternehmensaktivitäten passt oder rechtlich verselbständigt werden soll. Vorteil dieser Art der Umwandlung gegenüber der Übertragung von einzelnen Vermögensgegenständen ist, dass die Übertragung auf den Übernehmenden Rechtsträger automatisch geschieht, die Vertragspartner also nicht zustimmen müssen. Und die Steuerneutralität kann leichter sichergestellt werden.
Eine Spaltung ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Dabei ist gem. §§ 125, 17 Abs. 2 UmwG die sog. Schlussbilanz des Übertragenden Rechtsträgers beizufügen. Das Registergericht darf die Abspaltung nur eintragen, wenn die Schlussbilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist.
Trotz des eindeutigen Wortlauts in § 17 Abs. 2 UmwG ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob die zum Handelsregister grundsätzlich zusammen mit der Anmeldung einzureichende Schlussbilanz bereits aufgestellt bzw. von den Gesellschaftern festgestellt sein muss. Teilweise wird vertreten, dass eine zum Zeitpunkt der Anmeldung zum Handelsregister noch nicht einmal aufgestellte Schlussbilanz zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden könne.
Dieser Rechtsauffassung hat das Kammergericht (Oberlandesgericht in Berlin) in seinem Beschluss vom 18.02.2025 (22 W 64/24) nun eine klare Absage erteilt. Ähnlich hatte bereits das OLG Düsseldorf entschieden (Beschluss vom 12.01.2024 – 3 Wx 181/23).
Sachverhalt (Beschluss des Kammergerichts vom 18.02.2025 – 22 W 64/24 – verkürzt)
Eine GmbH ist im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg eingetragen. Ihr Unternehmensgegenstand ist u. a. auf den Betrieb von stationären Pflegeeinrichtungen, Seniorenresidenzen und Behindertenwohnheimen gerichtet. Sie unterhält mehrere selbständige Teilbetriebe. Die GmbH als übertragender Rechtsträger schloss mit einer OHG als übernehmendem Rechtsträger am 09.08.2024 einen notariell beurkundeten Spaltungs- und Übernahmevertrag, wonach die GmbH einen ihrer Teilbetriebe im Wege der Abspaltung zur Aufnahme auf die OHG überträgt. Der Spaltung zugrunde gelegt werden sollte die Bilanz der GmbH zum 31.12.2023 („Schlussbilanz“). Die Abspaltung wurde am 26.08.2024 zur Eintragung zum Handelsregister angemeldet. Eine Schlussbilanz der GmbH als Übertragendem Rechtsträger war der Anmeldung nicht beigefügt.
Auf entsprechenden Hinweis des Registergerichts vom 30.08.2024, dass der Anmeldung keine Bilanz beigefügt sei, entgegnete die GmbH, dass die Bilanz noch nicht vorliege und aufgrund der Abhängigkeit der GmbH von Pflegesatzprüfungen der zuständigen Behörden aktuell auch noch nicht erstellt werden könne. Die GmbH beantragte beim Registergericht, im Wege einer Zwischenverfügung eine angemessene Nachfrist zur Beibringung der Bilanz zu setzen.
Mit Beschluss vom 11.10.2024 hat das Registergericht die Anmeldung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es bestehe ein nicht behebbares Eintragungshindernis, da die Schlussbilanz der GmbH zum 31.12.2023 nach deren eigenem Vortrag noch nicht existent sei. Dagegen hat die GmbH Beschwerde zum Kammergericht eingereicht.
Der Beschluss des Kammergerichts vom 18.02.2025 – 22 W 64/24
Nach Auffassung des Kammergerichts ist der gesetzlichen Regelung in § 17 Abs. 2 UmwG zu entnehmen, dass die Schlussbilanz spätestens zum Zeitpunkt der Anmeldung der Abspaltung zum Handelsregister aufgestellt und festgestellt sein muss. Für diese Auslegung spreche der klare Wortlaut der Regelung. Zudem diene die Schlussbilanz der Ergebnisabgrenzung, der Bilanzkontinuität sowie den Gläubigern als Entscheidungshilfe, ob sie Sicherheit nach § 22 UmwG verlangen sollen. Darüber hinaus könne die Schlussbilanz eines übertragenden Rechtsträgers auch für den Nachweise der Werthaltigkeit des übergehenden Vermögens bei einer Kapitalerhöhung des übernehmenden Rechtsträgers zur Durchführung der Abspaltung verwendet werden. Die Aufstellung und Feststellung einer Schlussbilanz erst nach dem Tag der Anmeldung zum Handelsregister würde zu einer künstlichen Verlängerung des Achtmonatszeitraums führen. Ferner stünde zu befürchten, dass viele Umstrukturierungsvorgänge noch nicht einmal bis zum Jahresende im Handelsregister eingetragen würden, so dass fraglich sei, wie die Abspaltung in den Eröffnungsbilanzen des Folgejahres zu berücksichtigen seien. In der Praxis sei der Achtmonatszeitraum für die Auf- und Feststellung einer Bilanz ausreichend.
Da sowohl das Kammergericht in seinem zitierten Beschluss als auch das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 12.01.2024 – 3 Wx 181/23 von der Rechtsprechung des OLG Schleswig in einem Fall aus dem Jahre 2007 (Beschluss vom 11.04.2007 – 2 W 58.07) abweichen, liegen beide Entscheidungen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung jetzt dem BGH zur Entscheidung vor.
Praxishinweis
Die Entscheidungen des Kammergerichts und auch des OLG Düsseldorf schaffen Klarheit: Auf- und Feststellung einer Schlussbilanz haben vor Anmeldung des Umstrukturierungsmaßnahme zum Handelsregister zu erfolgen. Daran hat sich die Praxis zu orientieren. Umstrukturierungsmaßnahmen fordern regelmäßig einen gewissen zeitlichen Vorlauf. Die klare Vorgabe der Rechtsprechung ist in den Planungen entsprechend zu berücksichtigen. Ob sie durch den BGH höchstrichterlich bestätig wird, bleibt abzuwarten.
2. Juni 2025