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Update zur EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) im HealthCare-Sektor

Die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (Regulation (EU) 2023/1115, kurz: EUDR) stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen, indem sie die Nachverfolgbarkeit von Rohstoffen wie Kautschuk, Palmöl, Soja, Holz und Kakao in der Lieferkette fordert. Während viele Branchen bereits intensiv an der Umsetzung der neuen Anforderungen arbeiten, steht der HealthCare-Sektor vor besonderen Schwierigkeiten: Viele pharmazeutische Produkte und Medizinprodukte enthalten genau diese Rohstoffe, und die komplexen globalen Lieferketten erschweren die lückenlose Rückverfolgbarkeit.

In diesem Update (vgl. für einen generellen Überblick: Entwaldungsfreie Lieferketten) beleuchten wir die besonderen Herausforderungen der EUDR für den HealthCare-Sektor, welche Rohstoffe betroffen sind und wie Unternehmen in der Branche sich auf die neuen Anforderungen vorbereiten können.

Relevante Rohstoffe im HealthCare Sektor

Kautschuk: Kautschuk ist ein wichtiger Bestandteil vieler medizinischer Produkte, und z.B. in manchen Latexhandschuhen, Kathetern, Gummidichtungen und medizinischen Schläuchen enthalten.

Palmöl:Palmöl kann ein wesentlicher Bestandteil von Medikamentenkapseln, Salben, Cremes und Zäpfchen sein. Es wird auch in pharmazeutischen Hilfsstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt.

Holz und Holzprodukte: Zellulose wird in der Herstellung von Tabletten und als Füllstoff in der Pharmazie verwendet.

Soja: Soja kommt in vielen pharmazeutischen Hilfsstoffen vor, z.B. in Form von Sojalecithin in Tabletten und Kapseln. Es wird auch in Infusionslösungen verwendet.

Kakao: Kakaobutter wird vor allem in bestimmten Zäpfchen und pharmazeutischen Salben verwendet, da sie eine gute Trägersubstanz bildet.

Die Produktion der für die Herstellung von Gesundheitsprodukten erforderlichen Rohstoffe Kautschuk, Palmöl, Holz, Soja und Kakao trägt oft zur Entwaldung bei, weshalb Unternehmen, die diese Rohstoffe importieren und/oder deren Produkte unter Anhang I der EUDR fallen, die Herkunft dieser Rohstoffe nachverfolgen und nachweisen müssen, dass sie aus nachhaltigen Quellen stammen [vgl. zum Inhalt der Pflichten].

Herausforderungen für den HealthCare Sektor

Komplexe Lieferketten: Der Gesundheitssektor hat oft sehr komplexe Lieferketten, in denen Rohstoffe über mehrere Zwischenhändler und Länder hinweg verarbeitet werden. Dies erschwert die genaue Nachverfolgung der Herkunft jedes Rohstoffs und macht die Umsetzung der EUDR-Anforderungen aufwendig. Gelingt sie nicht, gilt ein strikter Verkaufsverbot für relevante Rohstoffe und Erzeugnisse, vgl. Art. 3 EUDR.

Nachhaltigkeitszertifikate: Während es bereits Zertifizierungen für Rohstoffe wie Palmöl (RSPO) oder Kautschuk (Forest Stewardship Council) gibt, stellen diese Zertifizierungen nicht automatisch die EUDR-Konformität sicher. Vielmehr bleiben Unternehmen letztendlich selbst dafür verantwortlich, die Einhaltung der EUDR sicherzustellen.

Geolokalisierung: Die EUDR verlangt die Dokumentation der Herkunft von Rohstoffen, einschließlich geolokalisierter Daten zu den Anbauflächen. Dies erfordert den Einsatz moderner Technologien, wie z.B. GPS-Daten, Satellitenbilder und GIS-Tracking, um sicherzustellen, dass die Rohstoffe aus entwaldungsfreien Gebieten stammen.

Haftungsrisiken: Unternehmen im Gesundheitssektor, die EUDR-relevante Erzeugnisse herstellen, die möglicherweise nicht den Anforderungen der EUDR entsprechen, riskieren hohe Bußgelder und weitere rechtliche Konsequenzen. Es besteht zudem die Gefahr, dass Produkte vom Markt genommen werden, wenn die EUDR-Konformität nicht vollständig nachgewiesen werden kann.

Unklare rechtliche Vorgaben: Die genaue Auslegung der Verordnung und deren Anforderungen an Unternehmen sind noch nicht in allen Bereichen eindeutig. Von der EU-Kommission veröffentlichte Leitlinien sowie ein fortlaufend überarbeitetes FAQ-Portal bieten zwar Hilfestellungen, gehen in ihrer Interpretation der EUDR aber teils deutlich über deren Wortlaut hinaus. Dies kann zu Unsicherheiten bei der Umsetzung der EUDR führen und zusätzliche rechtliche Herausforderungen mit sich bringen.

Vorbereitung auf die EUDR-Anforderungen im HealthCare Sektor & Fazit

Die EUDR – als Teil des European Green Deals – stellt Unternehmen im Gesundheitssektor vor neue Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf die Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit ihrer Lieferketten. Eine frühzeitige Analyse der Rohstoffherkunft, engere Zusammenarbeit mit Lieferanten und digitale Lösungen zur Nachverfolgung sind entscheidend, um die Einhaltung der EUDR sicherzustellen. Bestehende Zertifizierungen und interne Kontrollmechanismen sollten daraufhin überprüft werden, ob diese an die Prüfung der EUDR-Vorgaben angepasst werden können. Erschwerend kommt im HealthCare-Sektor die regulatorische Komplexität hinzu – kaum eine Branche unterliegt ähnlich strikten rechtlichen Vorgaben. Dass die Geltung der EUDR als weiterer Compliance-Baustein kürzlich um ein Jahr auf Ende 2025 verschoben wurde, ist hierbei nur ein schwacher Trost – die Verschiebung war maßgeblich der schlechten Vorbereitung betroffener Unternehmen aber auch der EU-Kommission selbst auf die EUDR geschuldet. Ein inhaltliches Abrücken von der EUDR ist mit ihr nicht verbunden. Die gewonnene Zeit sollte folglich genutzt werden, um eine nachhaltige und rechtssichere Strategie zu entwickeln, die die betroffenen Unternehmen „EUDR-ready“ macht.

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