Neues EU-Weinkennzeichnungsrecht und EuGH- Urteil zu „weinhaltiger Cocktail“
Weinliebhabern wird es bald auffallen: Wein und Schaumwein haben einen QR-Code auf ihrem Etikett.
Wein, Spirituosen und landwirtschaftliche Erzeugnisse sind Teil des kulturellen Erbes der Europäischen Union und gehören zu deren Vermögenswerten. Die gemeinsame Marktorganisationsverordnung (EU) 1308/2013 (GMO) wurde 2021 grundlegend angepasst. Eine Änderung betrifft das EU-Weinkennzeichnungsrecht. Weine und aromatisierte Weinerzeugnisse, die nach dem 08.12.2023 hergestellt werden, können völlig innovativ und im Gegensatz zu allen anderen Lebensmitteln mit einem QR-Code gekennzeichnet werden, über den Verbraucher Informationen über die Zutaten und Nährwerte erhalten, die nun zu den obligatorisch anzugebenden Informationen nach Artikel 119 GMO gehören. Altbestände dürfen abverkauft werden.
Was ist neu nach Art. 119 GMO?
Weine müssen mit einem Zutatenverzeichnis und einer Nährwertdeklaration gekennzeichnet sein. Wenn Erzeuger diese Angaben nicht „klassisch“ auf dem Etikett kennzeichnen möchten, haben sie die Möglichkeit, die Angaben der Nährwertdeklaration auf der Verpackung oder auf einem daran befestigten Etikett auf den Brennwert zu beschränken und die vollständige Nährwertdeklaration und das Verzeichnis der Zutaten auf elektronischem Wege zur Verfügung zu stellen. Der Brennwert wird in diesem Fall durch die Verwendung des Symbols „E“ ausgedrückt, also z. B. „E: pro 100 ml 310 kJ/74 kcal“. Die vollständige Nährwertdeklaration erfolgt dann auf elektronischem Wege, der auf der Verpackung oder auf einem daran befestigten Etikett genannt wird. Auch das Zutatenverzeichnis kann als E-Label mittels eines QR-Codes bereitgestellt werden (Art. 119 Abs. 5 GMO). Der QR-Code ist „quasi“ das Zutatenverzeichnis, dem eine Überschrift voranzustellen ist. Das heißt, dass der Hinweis „Zutaten“ oder „Zutatenverzeichnis“ bei einem QR-Code für ein Zutatenverzeichnis bzw. „Nährwert“ oder „Nährwertangabe“ bei einem QR-Code für die Nährwertkennzeichnung bzw. bei einer Kombination von beiden „Nährwert/Zutaten“ bei der Etikettierung vorangestellt werden muss.
Die elektronisch bereitgestellten Informationen müssen dabei ohne jegliche Erhebung oder Nachverfolgung von Nutzerdaten in einem völlig neutralen Umfeld (White-Landing-Page) angegeben werden. D. h., die Nährwertdeklaration und das Zutatenverzeichnis dürfen nicht zusammen mit anderen Informationen zu Verkaufs- und Vermarktungszwecken angezeigt werden.
EuGH-Urteil vom 08.05.2024 (C–261/23) – Hauser Weinimport
Interessant ist auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 8. Mai 2024. Der EuGH entschied, dass einem „aromatisierten weinhaltigen Cocktail“ kein Bier hinzugefügt werden darf, außer die explizit im Weinrecht dafür vorgesehen Produkte. Ausgangspunkt des Rechtsstreits war ein alkoholisches Mischgetränk, das zu 55% aus Wein und zu 10% aus Bier besteht.
Die Behörden beanstandeten die Kennzeichnung mit der Begründung, dass es sich bei Bier um „Alkohol“ im Sinne von Art. 3 Abs. 4 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 215/2014 handele, der einem als „aromatisierten weinhaltigen Getränk“ bezeichneten Getränk nicht zugesetzt werden dürfe.
Der EuGH folgte dieser Auffassung und entschied, dass nach Art. 3 Abs. 3 Buchstabe a bis c der Verordnung EU Nr. 215/2014 ein „aromatisiertes weinhaltiges Getränk“ aus einem oder mehreren der in dieser Bestimmung genannten Weinbauerzeugnisse gewonnen werden darf, die mind. 50% des Gesamtvolumens des Getränks ausmachen und es vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen in Anhang II nicht mit Alkohol versetzt worden sein darf.
Praxistipp
Das muntere Mischen und Mixen verschiedener alkoholischer Komponenten ist kennzeichnungsrechtlich oftmals heikel. Vorsicht ist auch bei Anspielungen auf Spirituosen geboten. Das neue Spirituosenrecht hat das Recht der Anspielungen mit der neuen Spirituosenverordnung (EU) 2019/787 umfassend neu geregelt. So sind Anspielungen auf andere alkoholische Getränke als Spirituosen, wie etwas „Bier verfeinert mit Rum-Aroma“ verboten, während die Kennzeichnung „Bier verfeinert mit Genever“ zulässig ist, wenn der gesamte dem Bier zugesetzte Alkohol aus authentischem Genever stammt.
18. Juni 2024