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Proportionale Kapitalerhöhung bei mehreren Geschäftsanteilen

Bei der Kapitalerhöhung einer GmbH müssen nicht die Nennbeträge aller Geschäftsanteile proportional angehoben werden – solange das Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter an sich unverändert bleibt. Das stellte jüngst das OLG Schleswig-Holstein klar.

Sachverhalt

In dem vom OLG Schleswig-Holstein entschiedenen Fall ging es um die Rahmenbedingungen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bei einer GmbH.

An einer GmbH waren vier Gesellschafter beteiligt; jeder von ihnen hielt jeweils mehrere Geschäftsanteile mit unterschiedlichen Nennbeträgen. Im Sommer 2023 beschlossen die Gesellschafter einvernehmlich und notariell beurkundet eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Dabei beschlossen sie auch, dass bei allen Gesellschaftern nur die Nennbeträge einzelner Geschäftsanteile erhöht werden sollten. Die Beteiligungsverhältnisse an sich blieben jedoch unverändert.

Das Registergericht wies den Antrag auf Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister zurück. Es begründete dies damit, dass seiner Auffassung nach bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln alle Geschäftsanteile proportional zu erhöhen seien. Weil das vorliegend nicht der Fall war, sei der Beschluss nichtig. Gegen diese Entscheidung des Registergerichts legte die GmbH Beschwerde ein, über die letztlich das OLG Schleswig-Holstein zu entscheiden hatte.

Beschluss des OLG Schleswig-Holstein vom 03.04.2024 – Az. 2 Wx 57/23

Die Beschwerde hatte Erfolg. Das Gericht hielt den Kapitalerhöhungsbeschluss für wirksam. Es folgte dem Registergericht zwar bei der grundsätzlichen Überlegung, dass bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln im Regelfall eine proportionale Erhöhung der Nennbeträge aller Geschäftsanteile geboten sei. Wenn sich aber die Beteiligungsverhältnisse im Ergebnis nicht verändern, sei es im Einzelfall jedoch zulässig, nur die Nennbeträge einzelner Geschäftsanteile zu erhöhen.

Praxishinweis

Kapitalerhöhungen bei GmbHs sind in der Rechtspraxis gang und gäbe; sie können beispielsweise der Sanierung einer Gesellschaft oder dem Einstieg eines neuen Gesellschafters dienen. Für die Kapitalerhöhung kann das Kapital in bar oder als Sacheinlage neu zugeführt werden (sog. ordentliche Kapitalerhöhung) oder – wie im Fall des OLG-Schleswig-Holstein – durch die Umwandlung von Rücklagen der Gesellschaft entstehen (sog. Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln oder nominelle Kapitalerhöhung). Um die Gesamtnennbeträge der Geschäftsanteile an die neue Stammkapitalziffer anzupassen, können entweder die Nennbeträge der existierenden Geschäftsanteile angepasst oder neue Geschäftsanteile ausgegeben werden.

Grundsätzlich müssen alle Gesellschafter die Möglichkeit haben, an der Kapitalerhöhung teilzunehmen, um eine Verwässerung ihrer Beteiligung zu vermeiden. Bei ordentlichen Kapitalerhöhungen haben sie deswegen ein gesetzliches Bezugsrecht; dieses kann ihnen nur unter engen Voraussetzungen ohne ihre Zustimmung genommen werden. Bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln gilt das entsprechend: Die Anteile der Gesellschafter sind gleichmäßig anzuheben. Wie das OLG Schleswig-Holstein dargestellt hat, kommt es dabei entscheidend auf die Gesamtbeteiligung jedes Gesellschafters an, die unverändert bleiben muss. Ob im Ergebnis jeder einzelne Geschäftsanteil proportional angehoben wird oder nicht, ist nicht so wichtig – wenn alle Gesellschafter einverstanden sind, ist das nicht zwingend.

Besondere Sorgfalt ist bei Kapitalerhöhungen jeglicher Art geboten, wenn an Geschäftsanteile Sonderrechte geknüpft sind (z.B. Mehrstimmrechte oder Vetorechte). Ohne Zustimmung der betroffenen Gesellschafter dürfen (auch) diese Sonderrechte nicht durch die Kapitalmaßnahme verwässert werden.

Die ordnungsgemäße Kapitalerhöhung und vor allem die ordnungsgemäße Erbringung der Einlagen überprüft das Handelsregister genau. Bei den Handelsregisteranmeldungen müssen die Geschäftsführer zudem stets versichern, dass das Stammkapital ordnungsgemäß aufgebracht wurde. Falsche Versicherungen sind strafbar. Deswegen ist es umso wichtiger, dass Kapitalerhöhungen – egal, ob ordentlich oder nominell – sorgfältig vorbereitet und umgesetzt werden.

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