Anspruch auf Informationen über Mitgesellschafter
Der Gesellschafter einer Publikumsgesellschaft hat einen Anspruch auf Auskunft über die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe der Mitgesellschafter. Seine Geltendmachung stellt keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Missbrauch des Auskunftsrechts dar, auch wenn sie u.a. dem Ziel dient, den Mitgesellschaftern Kaufangebote für ihre Anteile zu unterbreiten. Dem Anspruch stehen auch keine Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entgegen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 24.10.2023 im Beschwerdeverfahren.
Sachverhalt
Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin ist über einen Treuhandvertrag mit der Beklagten als Treuhandkommanditistin an einer Fondsgesellschaft beteiligt. Die Beklagte führt ein Register mit persönlichen Informationen aller Treugeber. Nach dem Gesellschaftsvertrag sind die Treugeber einem Kommanditisten gleichgestellt.
Die Klägerin klagte auf Auskunft über die personenbezogenen Daten und Beteiligungshöhen der weiteren Treugeber.
Die Entscheidung des BGH vom 24.10.2023 (II ZB 3/23)
Nach Ansicht des BGH in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung muss, wer sich an einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft, insbesondere in Form einer Publikumsgesellschaft beteiligt, damit rechnen, dass seine Daten und die Höhe seiner Beteiligung an seine Mitgesellschafter und die denen gleichgestellten Mittreugeber herausgegeben werden. Dies ist ein unentziehbares mitgliedschaftliches Recht eines jeden Gesellschafters. Der Auskunftsanspruch ergibt sich daraus, dass der Anleger einer Publikumsgesellschaft über die Machtverhältnisse in der Gesellschaft im Bilde sein darf. Infolgedessen ist auch die Kenntnis vom Umfang der Beteiligungen der Mitgesellschafter für die informierte Ausübung der Mitgliedschaftsrechte erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO. Das auf Kenntnis seiner Mitgesellschafter gerichtete Auskunftsbegehren des Gesellschafters ist lediglich durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das sog. Schikaneverbot gemäß § 226 BGB begrenzt. Dieses Auskunftsrecht steht auch einem Treugeber zu, der einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt ist. Es kann weder durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag noch durch Regelungen im Treuhandvertrag ausgeschlossen werden.
Das Auskunftsrecht besteht auch, wenn das Ersuchen auch dem Unterbreiten eines Kaufangebots an die Mitgesellschafter dient. Es ist gerade ein legitimes, aus dem Gesellschaftsverhältnis und dem daraus entstandenen Vertragsverhältnis entstandenes Interesse eines Gesellschafters, seinen Einfluss auf die Gesellschaft durch den Ankauf weiterer Anteile zu vergrößern.
Praxishinweis
Die Entscheidung befindet sich auf einer Linie mit der bisherigen Rechtsprechung auf der Schnittstelle des Gesellschafts- zum Datenschutzrecht. Wer sich an einer Publikumsgesellschaft beteiligt, muss damit rechnen, dass seine Daten und Informationen über die Höhe seiner Beteiligung auch an Mitgesellschafter herausgegeben werden kann. Dies gilt auch – wie der BGH ebenfalls bereits entschieden hatte – für den Gesellschaftern gleich gestellte Treugeber (BGH v. 05.02.2013 – Az. II ZR 134/11). Dem steht auch das Datenschutzrecht nicht entgegen. Vielmehr ist die Herausgabe zur Wahrung der Interessen der Mitgesellschafter gerade erforderlich. Entsprechendes hatte der BGH auch schon zum alten Bundesdatenschutzgesetz im Vereinsgerecht entschieden (BGH v. 25.10.2010 – Az. II ZR 219/09). Der Auskunftsanspruch der Mitgesellschafter kann auch nicht durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag oder Treuhandvertrag ausgeschlossen werden.
27. Februar 2024