Zur Formbedürftigkeit von Wandeldarlehensverträgen
Wandeldarlehen erfreuen sich im Bereich des Venture-Capital einer großen Beliebtheit. Dabei stellt sich für die Geschäftsführer und Investoren allerdings die sowohl für das Zivil-, als auch Strafrecht entscheidende Frage, ob Wandeldarlehen einer notariellen Form bedürfen.
Für eine notarielle Form sprach sich das OLG Zweibrücken bei einem Wandeldarlehen mit Wandlungspflicht jedenfalls dann aus, wenn es sich bei dem Übernehmer um eine gesellschaftsfremde Person handelt. Zudem stellte der Senat fest, dass bei einem Wandeldarlehen mit einseitiger Wandlungsoption für den Darlehensgeber, welche eine für die GmbH verbindliche, satzungsändernde Kapitalerhöhung vorsieht, vieles für eine Pflicht zur notariellen Beurkundung des zu Grunde liegenden Gesellschafterbeschlusses spreche.
Sachverhalt
Den Entscheidungen liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine GmbH schloss zwei gleichlautende Wandeldarlehen mit zwei verschiedenen Darlehensgebern ab. Nachdem einer der Darlehensgeber von seinem Wandlungsrecht Gebrauch machte, kam es zum Streit über die Wirksamkeit der Wandeldarlehen. Die Darlehensgeberin forderte mit Verweis auf die Unwirksamkeit des Wandeldarlehens die Rückzahlung des Darlehensbetrags. Die Beklagte GmbH tätigte in der Zwischenzeit zahlreiche Überweisungen und ging sodann insolvent. Der Insolvenzverwalter nahm die Geschäftsführer gem. § 64 GmbHG a.F. haftungsrechtlich in Anspruch. Nach Rechtauffassung des Insolvenzverwalters waren die Wandeldarlehen formunwirksam und damit nichtig. Dies führe zu einer Beseitigung des Nachrangs des Darlehens und damit zu einer Überschuldung der GmbH.
Die Vorinstanz hatte die Klage abgewiesen. Eine Überschuldung bestehe nicht, da die Wandeldarlehen auch ohne notarielle Beurkundung formwirksam seien. Die im Wandeldarlehen enthaltene Verpflichtung, bei einer Kapitalerhöhung neue Geschäftsanteile zu übernehmen, bedürfe als Vorvertrag keiner notariellen Beglaubigung analog § 55 Abs. 1 GmbHG. Ein entsprechender Formzwang folge auch nicht aus dem Normzweck der Formvorschrift des § 55 GmbHG, da dieser lediglich den Rechtsverkehr aufklären solle, hingegen keine Warnfunktion habe.
Das Urteil des OLGs Zweibrücken vom 17.05.2022, Az. 8 U 30/19
Die gegen das Urteil der Vorinstanz eingelegte Berufung hatte Erfolg. Das OLG bejahte eine Formunwirksamkeit und Nichtigkeit der Wandeldarlehen gem. § 125 BGB und folglich eine Überschuldung der GmbH. Das Wandeldarlehen hätte nach Auffassung des Senates der notariellen Beglaubigung analog § 55 Abs. 1 GmbHG bedurft. Eine notarielle Beglaubigung des Übernehmers bei der Eingehung einer Übernahmeverpflichtung von Geschäftsanteilen bedürfe es jedenfalls dann, wenn es sich bei dem Übernehmer um eine gesellschaftsfremde Person handelt. Dies folge aus dem Wortlaut und Zweck des § 55 Abs. 1 GmbHG.
Als Obiter Dictum führte der Senat zudem aus, dass sich aufgrund der für die GmbH verbindlichen, satzungsändernden Kapitalerhöhung bei Ausübung der Wandlungsoption beziehungsweise bei Eintritt der Wandlungsverpflichtung auslösenden Umstände eine Formunwirksamkeit mangels notarieller Beurkundung wohl auch aus § 53 Abs. 2 GmbHG ergeben hätte.
Der Beschluss des BGHs vom 25.04.2023, Az. II ZR 96/22
Der BGH hatte sich damit zu befassen, ob das OLG Zweibrücken die Revision hätte zulassen müssen (vgl. hierzu auch: https://www.fgvw.de/neues/archiv-2023/gesellschaftsrecht-rechtssichere-gestaltung-von-wandeldarlehen). Dies wurde vom BGH verneint, da die Frage der Formunwirksamkeit des Wandeldarlehens für das Urteil nicht entscheidend war. Der BGH führte in seinem Beschluss allerdings aus, dass die überwiegende Auffassung der Literatur entgegen dem OLG Zweibrücken eine Pflicht zur notariellen Beurkundung ablehnt.
Praxishinweise
Die derzeit noch überwiegende Vorgehensweise in der Praxis, die Wandeldarlehensverträge nicht notariell beurkunden zu lassen, war bereits vor der Entscheidung des OLG Zweibrücken unter Beachtung des Gebots des sichersten Weges nicht zu empfehlen. In der Literatur ist die Frage umstritten und bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Die mit der Nichtbeachtung der möglichen Beurkundungspflichten einhergehenden Vorteile der einfacheren und kostengünstigeren Gestaltung der Finanzierung können spätestens seit dem Urteil des Senats außer Verhältnis zu den potenziellen Risiken stehen und sollten wohl überlegt und beraten sein.
Bei Formunwirksamkeit des Wandeldarlehens wird der Rückzahlungsanspruch der Darlehenssumme sofort fällig. Damit kann die Formunwirksamkeit dazu führen, dass unerkannt eine Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung eintritt. Für die während der unentdeckt gebliebenen Insolvenz getätigten Zahlungsein- und -ausgänge haften die Geschäftsführer persönlich. Strafrechtlich droht den Geschäftsführern ein Verfahren wegen Insolvenzverschleppung.
Aufgrund der weitreichenden Folgen für die Gesellschaft und deren Geschäftsführung, sollte sich die Geschäftsführung individuell rechtlich beraten lassen. Regelmäßig ist die notarielle Beurkundung mit ihren damit verbundenen – regelmäßig geringen – Kosten stets der sicherste Weg. Daneben bestehen aber auch weitere Handlungsoptionen, wie etwa die einer selbstständigen Bestätigung der Rangrücktrittsvereinbarung. Aus Investorensicht führt zur sicheren Umsetzung des Wandlungsrechtes indes kein Weg an der Beurkundung vorbei.
3. Mai 2024