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Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einem GmbH-Geschäftsführer kann auch ohne Zusage einer Karenzentschädigung wirksam sein

Der Bundesgerichtshof hat bestätigt, dass dem Geschäftsführer einer GmbH, mit dem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wird, keine Karenzentschädigung versprochen und später gezahlt werden muss. Wird dennoch eine Entschädigung versprochen, können die Vertragsparteien ihre Höhe frei vereinbaren und auch wirksam den rückwirkenden Wegfall einer versprochenen Karenzentschädigung für den Fall vereinbaren, dass der Geschäftsführer gegen das Wettbewerbsverbot verstößt.

Sachverhalt

Dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.04.2024 (II ZR 99/22) liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein ehemaliger Geschäftsführer (dieser ist Beklagter im gerichtlichen Verfahren) einer GmbH macht gegen die GmbH (diese ist Klägerin im gerichtlichen Verfahren) in Form einer Widerklage Ansprüche auf Zahlung von Karenzentschädigung für die gesamte Zeit von 24 Monaten geltend.

Für die Einhaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes war eine Entschädigung i.H.v. monatlich 50% der zuletzt bezogenen Monatsbezüge vorgesehen. Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot sollte nach der vertraglichen Regelung zum Wegfall der gesamten Karenzentschädigung ex tunc mit der Folge führen, dass auch bereits gezahlte Teile der Karenzentschädigung zurückzuzahlen sind. Bei den Vereinbarungen zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot handelte es sich nicht um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 307 BGB.

Die verklagte GmbH weist als Unternehmensgegenstand im Handelsregister den Betrieb von Kur- und Rehabilitationskliniken, Seniorenwohn- und Pflegeheimen und von betreutem Wohnen aus.

Zum 17.06.2013, 12,5 Monate nach der Abberufung des Geschäftsführers bei der GmbH, nahm dieser bei einer Unternehmensberatungsgesellschaft, zu deren Kunden u.a. Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft (etwa Kliniken, Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen) sowie der Altenhilfe, Altenpflege und Seniorenwirtschaft gehören, die Tätigkeit als Geschäftsführer auf.

Die GmbH zahlte dem Geschäftsführer für die gesamte Zeit der 24 Monate keine Karenzentschädigung. In der Aufnahme der neuen Tätigkeit am 17.06.2013 sah die GmbH einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot.

Der Geschäftsführer ging hingegen davon aus, dass er sich an das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gehalten hatte und machte mit der Widerklage die Zahlung der gesamten Karenzentschädigung i.H.v. 92.004 Euro geltend.

Das Landgericht Berlin wies die Widerklage des Geschäftsführers vollständig ab. Das Kammergericht gab dieser indes für die ersten 12,5 Monate mit einem Betrag i.H.v. 47.918,75 Euro statt.

Entscheidungsgründe

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte die Revision der GmbH insoweit zugelassen, als diese vom Kammergericht zur Zahlung von Karenzentschädigung verurteilt worden war.

Die Revision der GmbH hatte auch Erfolg. Der BGH stellte mit der Entscheidung das erstinstanzliche Urteil wieder her, mit der die Widerklage des Geschäftsführers vollständig und für die gesamten 24 Monate abgewiesen worden war.

Der BGH stellte zunächst seine ständige Rechtsprechung dar, nach der nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Rücksicht auf die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit nur dann gerechtfertigt und nicht nach § 138 BGB sittenwidrig sind, wenn und soweit sie notwendig sind, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote seinen nur wirksam, wenn sie in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten.

Die Feststellung des Kammergerichts, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nach diesen Grundsätzen wirksam war, wurde im Revisionsverfahren nicht angegriffen. Der BGH stellte hierzu nur fest, dass falls dieses unwirksam gewesen wäre, der Geschäftsführer bereits deshalb keine Anspruchsgrundlage für die Karenzentschädigung hätte.

Der BGH zitiert sodann seine bisherige Rechtsprechung und führt als Grundsatz aus, dass dem Geschäftsführer einer GmbH, mit dem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wird, keine Karenzentschädigung versprochen und später gezahlt werden muss. Wenn dennoch eine Entschädigung vereinbart würde, könnten die Vertragsparteien ihre Höhe frei vereinbaren und damit auch wirksam vereinbaren, dass die versprochene Karenzentschädigung rückwirkend für den Fall entfällt, dass der Geschäftsführer gegen das Wettbewerbsverbot verstößt.

Nur sehr kurz stellte der BGH fest, dass die Beurteilung des Kammergerichts, in der Aufnahme der neuen Tätigkeit liege ein Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot, rechtsfehlerfrei sei.

Unbillig sei der vereinbarte rückwirkende Entfall der Entschädigung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer vom Geschäftsführer angeführten „Einkommensersatzleistung“, weil die Parteien bereits vereinbart hätten, dass die GmbH auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot auch hätte verzichten können.

Die Feststellung des Kammergerichts, dass nur der rückwirkende Wegfall der Karenzentschädigung unwirksam sei, weshalb es auch zur teilweisen Verurteilung der GmbH für die Zeit von 12,5 Monaten gekommen ist, ist nach dem BGH eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion. Im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion könne ausschließlich ein die zeitlichen Schranken übersteigendes Wettbewerbsverbot auf das noch zu billigende zeitliche Maß zurückgeführt werden.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung hat keine Auswirkungen für nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern, da der BGH in ständiger Rechtsprechung die für Arbeitnehmer zwingenden arbeitsrechtlichen Regelungen der §§ 74 ff. HGB für Geschäftsführer einer GmbH grundsätzlich für nicht anwendbar hält.

Der BGH hatte den Streit (leider) nicht unter Berücksichtigung des AGB-Rechts zu entscheiden, weil das Kammergericht als Vorinstanz nicht festgestellt hatte, dass es sich bei den Regelungen zum Wettbewerbsverbot um allgemeine Geschäftsbedingungen handelte. Offen bleibt damit, ob der BGH den Streit bzw. Klauseln evtl. anders beurteilt, wenn es sich um AGB-Regelungen gehandelt hätte.

Obwohl die Klausel zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot den Geschäftsführer weitgehend einschränkten und die wohl überwiegende Meinung im Schrifttum nach wie vor davon ausgeht, dass für eine wirksame Regelung mit einem Geschäftsführer eine Karenzentschädigung vorgesehen werden muss, hat der BGH in seinem Urteil seine bisherige Rechtsprechung kurz zitiert und bestätigt. Er setzt sich mit keinem Wort mit den vielen abweichenden Meinungen auseinander – eine Klarstellung hierzu wäre wünschenswert gewesen.

Bislang vereinbaren Unternehmen überwiegend eher nachvertragliche Wettbewerbsverbote, bei denen eine Karenzentschädigung vorgesehen wird, evtl. um in einem Streit eher auf der sicheren Seite zu sein, evtl. auch aus Gründen der Akzeptanz. Für die Praxis kann überlegt werden, einem Geschäftsführer im ersten Schritt ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung vorzuschlagen. Ob sich Geschäftsführer hierauf einlassen, ist indes eine ganz andere Frage. Jedenfalls werden Geschäftsführer, denen ein Vertrag ohne Karenzentschädigung vorgelegt wird, genau überlegen müssen, ob sie diesen unterschreiben. Sie werden sich bis zu einer weiteren Klärung nur noch schwer auf den Standpunkt stellen können, dass die Regelung mangels einer Entscheidung bereits unwirksam ist.

Die Entscheidung zeigt auch auf, dass der genaue Umfang eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes sorgfältig formuliert werden muss, da eine geltungserhaltende Reduktion, wie sie bei Arbeitsverhältnissen z.T. gesetzlich vorgesehen ist, bei Geschäftsführern nur in engen Grenzen zulässig ist.

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