max maiorano fahr arbeitsrecht webp.jpg

Kleinerer Betriebsrat bei zu wenig Wahlbewerbern

Bewerben sich bei einer Betriebsratswahl weniger Arbeitnehmer um einen Betriebsratssitz als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, kann ein „kleinerer“ Betriebsrat errichtet werden, wie das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 24.04.2024 – Az. 7 ABR 26/23 – entschieden hat.

Sachverhalt

Dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Arbeitgeberin ist Trägerin einer Klinik mit in der Regel 170 beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Bei dieser Betriebsgröße sieht die Staffelung von § 9 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) einen aus sieben Mitgliedern bestehenden Betriebsrat vor. Bei der im Frühjahr 2022 eingeleiteten Betriebsratswahl kandidierten nur drei Arbeitnehmerinnen und es wurde ein Betriebsrat mit drei Mitgliedern gewählt. Die Arbeitgeberin hat diese Wahl für nichtig gehalten und beim Arbeitsgericht eine entsprechende Feststellung begehrt. Dem haben die Vorinstanzen nicht entsprochen und die Betriebsratswahl für wirksam erachtet.

Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hatte vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe

Es steht nach Auffassung des BAG der Wahl eines Betriebsrats nicht entgegen, wenn sich nicht genügend Bewerber für das Betriebsratsamt finden. Das folge vor allem aus dem in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ausgedrückten Willen des Gesetzgebers, dass in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständig wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, Betriebsräte gewählt werden. Bei der Betriebsratsgröße sei in der Konstellation von weniger Kandidaten als zu besetzenden Betriebsratssitzen auf die (jeweils) nächstniedrigere Stufe des § 9 BetrVG so lange zurückzugehen, bis die Zahl von Bewerbern für die Errichtung eines Gremiums mit einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern ausreicht.

Hinweis für die Praxis

Man darf gespannt sein, wie sich die noch ausstehende ausführliche Begründung dazu verhalten wird, dass in § 9 Abs. 1 BetrVG die Zahl der Betriebsratsmitglieder vom Gesetzgeber zwingend bestimmt wurde, ohne eine Erhöhung und/oder Herabsetzung der Mitgliederzahl vorzusehen. Eine Ausnahme sieht das Gesetz in § 11 BetrVG nur für den Fall vor, dass ein Betrieb weniger wählbare Arbeitnehmer hat, als eigentlich erforderlich wären. Der Gesetzgeber hat einen dahingehenden Fall also gesehen und geregelt, für die Anzahl der Wahlbewerber aber keine entsprechende Regelung vorgesehen, sodass eine planwidrige Regelungslücke, die Voraussetzung für eine analoge Anwendbarkeit des § 11 BetrVG wäre, entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung, der nach dem Ergebnis zu urteilen wohl auch der 7. Senat des BAG folgt, nicht unbedingt auf der Hand liegt. Auch eine mit § 11 BetrVG vergleichbare Interessenlage scheint fraglich, da im Fall des § 11 BetrVG ohne die explizite Ausnahmeregelung eine Betriebsratswahl dann aus Rechtsgründen nicht möglich wäre, während im entschiedenen Fall letztlich in der fehlenden Bereitschaft einer ausreichenden Anzahl an Mitarbeitern, sich zum Betriebsrat wählen zu lassen, ein fehlender Wille der Gesamtbelegschaft zur Installierung eines Betriebsrats liegt, obwohl ein solcher rechtlich möglich wäre.

Kontakt > mehr