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Betriebsratswahl bei Porsche unwirksam

Das LAG Baden-Württemberg hat die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl beim Autobauer Porsche am Standort Zuffenhausen bestätigt. Grund hierfür war, dass auch Mitarbeiter am Standort Leipzig mitgewählt hatten (Beschluss vom 19.03.2024 – 15 TaBV 2/23).

Sachverhalt

Dem Beschluss des LAG Baden-Württemberg liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die ursprünglich sieben wahlberechtigten Arbeitnehmer (Antragsteller) haben die in der Zeit vom 14. - 18.03.2022 durchgeführte Wahl des 41-köpfigen Betriebsrats für den „Betrieb Zuffenhausen/Ludwigsburg/Sachsenheim“ der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, der Porsche Logistik GmbH und der Porsche Dienstleistungs GmbH angefochten. Die der Betriebsratswahl zugrunde gelegte Betriebsstruktur weicht von dem Grundmodell eines Betriebs nach dem Betriebsverfassungsgesetz ab. Sie beruht unter anderem auf Führungsvereinbarungen, welche die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG mit ihren Tochtergesellschaften abgeschlossen hat, und auf zwischen der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG sowie den Tochtergesellschaften mit der IG Metall abgeschlossenen Tarifverträgen. So sah unter anderem ein im Jahr 2013 abgeschlossener Tarifvertrag die Ausdehnung der Zuständigkeit des Betriebsrats für den „Betrieb Zuffenhausen/Ludwigsburg/Sachsenheim“ auf den Betriebsteil der Porsche Dienstleistungs GmbH in Leipzig (Gastronomie) vor.

Die Antragsteller rügen, dass die Wahl unter Verkennung des betriebsverfassungsrechtlich zulässigen Betriebsbegriffs stattgefunden habe, weil der Wahlbetrieb auch auf tarifvertraglicher Grundlage nicht wie geschehen habe gebildet werden dürfen. Die Arbeitnehmer der Porsche Dienstleistungs GmbH des Standorts Leipzig hätten an der Betriebsratswahl nicht teilnehmen dürfen. Die von den Antragstellern ursprünglich außerdem erhobenen Vorwürfe von Manipulationen bei der Durchführung der Betriebsratswahl wurden von ihnen bereits am Ende des erstinstanzlichen Verfahrens nicht mehr aufrechterhalten. Das Arbeitsgericht Stuttgart hat die Betriebsratswahl mit Beschluss vom 06.04.2023 (Az. 21 BV 54/22) für unwirksam erklärt. Die Wahl habe unter Verkennung des Betriebsbegriffs stattgefunden, was einen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes darstelle. Die Arbeitnehmer der Gastronomie in Leipzig hätten an der Wahl nicht teilnehmen dürfen. Durch den Tarifvertrag aus 2013 sei der Standort Leipzig nicht wirksam in die Zuständigkeit des für den „Betrieb Zuffenhausen/Ludwigsburg/Sachsenheim“ zuständigen Betriebsrats einbezogen worden.

Die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG und ihre Tochtergesellschaften sowie der Betriebsrat haben gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie haben die Wahl weiterhin gegen die Anfechtung verteidigt, die in der Beschwerdeinstanz nur noch von drei Arbeitnehmern weiterverfolgt wurde. Die Arbeitnehmer der Gastronomie Leipzig seien aufgrund des gemeinschaftlich geführten Betriebs und – in Übereinstimmung mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes – auf Grundlage des Tarifvertrags aus 2013 wirksam in die Wahl einbezogen worden. Sie seien auch in der Wählerliste aufgeführt gewesen, gegen die innerhalb der einschlägigen Fristen vor der Wahl kein Einspruch erhoben worden sei. Die vor dem Landesarbeitsgericht zudem diskutierte etwaige Unvollständigkeit der Tarifverträge, mit denen der Wahlbetrieb in seiner Gesamtheit gebildet worden sei, sei zumindest durch einen weiteren, im Jahr 2024 geschlossenen Bestätigungstarifvertrag aller drei Unternehmen und der IG Metall mit Rückwirkung auf den Wahlzeitpunkt behoben worden.

Entscheidungsgründe

Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberinnen zurückgewiesen Nach Auffassung des Gerichts wurde bei der Wahl der Betriebsbegriff verkannt. Solle eine betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG als Basis einer "anderen Arbeitnehmervertretungsstruktur" gebildet werden und als Betrieb gelten (§ 3 Abs. 5 BetrVG), müssten sämtliche an der betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit beteiligten Unternehmen dies dementsprechend tarifvertraglich vereinbaren. Hier aber hätten nicht alle beteiligten Arbeitgeberinnen solche tarifvertraglichen Vereinbarungen abgeschlossen. Der nachträglich im Jahr 2024 geschlossene weitere Tarifvertrag habe dies nicht mit Rückwirkung auf den Wahlzeitpunkt des Jahres 2022 reparieren können. Die Anfechtung wegen Verkennung des Betriebsbegriffs sei auch keine auf die Unrichtigkeit der Wählerliste gestützte Anfechtung. Die Versäumung der einschlägigen Fristen für einen Einspruch gegen die Wählerliste sei deshalb ohne Relevanz.

Das LAG hat die Rechtsbeschwerde zum BAG zugelassen.

Hinweis für die Praxis

Da die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist, bleibt der gewählte Betriebsrat somit vorerst im Amt. Die Zusammenfassung von Betrieben mit einem solch großen geografischen Abstand bedarf zwingend einer Darlegung, dass die Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer unter dieser Situation in praktischer Hinsicht nicht leidet. Auch diese Entscheidung zeigt wieder einmal, dass Betriebsratswahlen in komplizierten gesellschaftsrechtlichen und örtlich weitentfernten (Matrix)Strukturen schwierig sind. Die zunehmende Tätigkeit durch (entgrenzte) Arbeitnehmer im Homeoffice im In- und Ausland kommt noch hinzu. Es lohnt sich daher in jedem Fall immer – für Arbeitnehmer, Betriebsräte und Arbeitgeber – genau hinzusehen und zu prüfen, für welche Arbeitnehmer und welche Betriebe Betriebsräte gewählt werden (können).

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