Kein Fall der Diskriminierung: Kürzung der Betriebsrente wegen Teilzeit trotz früherer Vollzeittätigkeit zulässig
Eine Betriebsrentenzusage kann zulässigerweise auf das im letzten Kalenderjahr vor dem Ausscheiden durchschnittlich bezogene Monatsgehalt abstellen, um die Betriebsrentenleistungen zu berechnen. Arbeitet der Beschäftigte vor dem Ausscheiden in Teilzeit, kann dieses mit einem Faktor für den durchschnittlichen Beschäftigungsumfang der letzten zehn Dienstjahre modifiziert werden, selbst wenn der Beschäftigte zuvor langjährig in Vollzeit gearbeitet hat. Dies stellte das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 20.06.2023 (Az. 3 AZR 221/22) klar.
Sachverhalt
Dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien streiten über die Berechnung der Betriebsrente. Die 1964 geborene Klägerin war bei der Beklagten seit August 1984 für mehr als 20 Jahre in Vollzeit und ab Mai 2005 bis zu ihrem Ausscheiden im September 2020 in Teilzeit beschäftigt. Die Versorgungsrichtlinien sahen eine Altersrente vor, die sich aus einem Festrentenbetrag mal Dienstjahren ergab, wobei sich der Festrentenbetrag nach folgender Formel errechnete:
Rentenfähiges Einkommen/Beitragsbemessungsgrenze x Renteneckwert.
Das rentenfähige Einkommen sollte ein Zwölftel des Einkommens betragen, das der Mitarbeiter im letzten Kalenderjahr vor Eintritt des Versorgungsfalles bzw. dem vorzeitigen Ausscheiden bezogen hatte. War ein Mitarbeiter innerhalb der letzten zehn anrechnungsfähigen Dienstjahre ganz oder teilweise teilzeitbeschäftigt, veränderte sich der Festrentenbetrag in dem Verhältnis, in dem die durchschnittliche Arbeitszeit des Mitarbeiters während der letzten zehn Dienstjahre zu seiner Arbeitszeit innerhalb des Kalenderjahres vor dem Eintritt des Versorgungsfalles bzw. dem vorzeitigen Ausscheiden gestanden hatte.
Die Klägerin hat gemeint, ihr stehe wegen der früheren Vollzeitbeschäftigung eine höhere Betriebsrente zu. Die Berechnung der Beklagten verstoße gegen den Pro-rata-temporis-Grundsatz und damit gegen das Verbot der Diskriminierung wegen der Teilzeit, § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG. Nicht nur die letzten zehn Jahre, sondern ihre gesamte Beschäftigungszeit müsse quotiert berücksichtigt werden. Die Beklagte hat demgegenüber gemeint, der Lebensstandard verfestige sich im Bezugszeitraum vor dem Ausscheiden. Es sei zulässig, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung für Teilzeitbeschäftigte im Verhältnis ihres Beschäftigungsumfangs zu kürzen.
Entscheidungsgründe
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Bei einer endgehaltsbezogenen Betriebsrentenzusage darf, selbst wenn diese zudem die erbrachte Dienstzeit honoriert, auf das zuletzt maßgebliche Entgelt auch bei Teilzeitkräften abgestellt werden. Die endgehaltsbezogene Betriebsrente dient insoweit dem legitimen Zweck der Erhaltung des letzten im Erwerbsleben erarbeiteten Lebensstandards im Ruhestand. Hierbei ist es nicht zu beanstanden, wenn die Zusage einen Betrachtungszeitraum von zehn Jahren vor dem Ausscheiden zur Bestimmung des maßgeblichen durchschnittlichen Beschäftigungsumfangs von Teilzeitbeschäftigten zugrunde legt. Diese werden dadurch nicht unzulässig benachteiligt.
Hinweis für die Praxis
Betriebliche Rentenzusagen müssen Diskriminierungsverboten standhalten, so auch dem Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten. § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG enthält jedoch kein absolutes Benachteiligungsverbot. Die in der Versorgungsrichtlinie geregelte Modifizierung der Rentenberechnung stellt weder eine Diskriminierung aufgrund der Teilzeittätigkeit noch wegen des Geschlechts dar, selbst wenn der Anteil weiblicher Teilzeitbeschäftigter deutlich überwiegt. Juristisch ist die Entscheidung konsequent. Personalpolitisch ist jedoch mehr Sensibilität bei der Ausgestaltung von Versorgungsregelungen wünschenswert. Zwar lässt sich das „Gender Pension Gap“, die geschlechtsspezifische Rentenlücke in der Altersvorsorge, nicht ohne weiteres durch betriebliche Versorgungsregelungen schließen. Bei der Ausgestaltung von endgehaltsbezogenen Betriebsrenten hat der Arbeitgeber jedoch den gestalterischen Spielraum, die bestehende Rentenlücke nicht unnötig zu vergrößern. Eine Überprüfung vergleichbarer Versorgungszusagen ist daher personalpolitisch zu empfehlen.
18. Juli 2023