

Reihe: „Gewerblicher Rechtsschutz im digitalen Raum – Metaverse, Blockchain, NFT & Co“
Das Metaversum – wie schütze ich meine Markenidentität in der virtuellen Welt?
Die International Trademark Association (INTA) hat im April 2023 einen umfassenden Bericht mit dem Titel „Trademarks in the Metaverse“ (Marken im Metaversum) veröffentlicht, der sich mit den verschiedenen Herausforderungen befasst, die das Aufkommen des Metaversum mit sich bringen wird. Dabei hat die INTA eine Reihe von Problembereichen aufgezeigt, die insbesondere im Hinblick auf den Schutz gewerblicher Schutzrechte in dieser neu entstehenden digitalen Welt angegangen werden müssen.
Was ist das Problem?
Je mehr sich Unternehmen in virtuellen Welten, auf NFT-Marktplätzen und anderen Metaversum-Plattformen bewegen, desto wichtiger wird es, ihre Markenidentität und ihr geistiges Eigentum auch innerhalb dieser virtuellen Welten zu schützen. Denn wie bei der Entstehung des Internets Jahrzehnte zuvor ergeben sich hierdurch nicht nur Chancen und Möglichkeiten für Unternehmen, sondern insbesondere für den Schutz und die Durchsetzung von gewerblichen Schutzrechten auch eine Vielzahl von Herausforderungen.
Schon heute kooperieren einige Modeunternehmen – wie beispielsweise Burberry, Gucci und Balenciaga, aber auch günstigere Marken wie Zara und H&M – mit Gaming-Plattformen wie Roblox und Fortnite, um dort – natürlich gegen Geld – sogenannte „Skins“ (d.h. Kleidung oder Accessoires) für die Avatare anzubieten. Nike und Forever 21 betreiben sogar bereits eigenständige virtuelle Shops auf der Gaming-Plattform Roblox.
Laut Roblox wurden dabei auf ihrer Plattform zwischen Januar und September 2022 mehr als 62 Millionen solcher Kleidungsstücke und Accessoires entworfen und angeboten. Auch der Großteil der Einnahmen der Gaming-Plattform Fortnite (geschätzte 20 Milliarden seit dem Start 2017 bis Ende 2021) stammt aus dem Verkauf von digitalen Avataren, Skins, Rucksäcken und Tänzen. Dies macht Epic Games, den Entwickler von Fortnite, letztlich also zu einem der größten Modeverkäufer der Welt und übertrifft Giganten wie Dolce & Gabbana und Prada.
Aber nicht nur Modeunternehmen haben das Potenzial dieser virtuellen Welten erkannt. So gibt es mit dem Ferrari 296 GTB das erste lizenzierte Auto auf der Plattform Fortnite. Die US-amerikanische Fastfood-Kette „Chipotle Mexican Grill“ veranstaltet regelmäßig virtuelle Events auf Roblox, um mit virtuellen Spielen und virtuellem Merchandise auf sich aufmerksam zu machen und Kunden an sich zu binden.
Das Metaversum eröffnet jedoch – wie zuvor schon das Internet – nicht nur den Weg für technologischen Fortschritt, sondern auch eine zusätzliche Möglichkeit für den Handel mit rechtsverletzenden (virtuellen) Waren. Für eine technisch versierte Person ist es ein Leichtes, virtuelle Produkte zu kopieren oder virtuelle Nachbildungen realer – geschmacksmuster-, urheber- oder markenrechtlich geschützter – Produkte zu erstellen und diese dann online zur Verwendung in virtuellen Welten zu vertreiben. Dies und das erhebliche Marktpotenzial dieser virtuellen Güter – sie werden teilweise zu deutlich höheren oder zumindest gleichen Preisen wie ihre realen Pendants gehandelt – führt dazu, dass Urheberrechtsverletzungen, Markenrechtsverletzungen und unerlaubte Nachahmungen geradezu vorprogrammiert sind. Nicht nur das, sie finden bereits statt.
Der Fall Hermès
Wohl am bekanntesten ist der Hermès -Fall, in dem Hermès einen digitalen Designer verklagte, weil dieser die Birkin-Handtasche des Unternehmens durch den Verkauf von NFTs (non-fungible-tokens) nachgeahmt hatte. Der Künstler hatte Bilder von Birkin-Handtaschen aus Pelz geschaffen und diese als NFTs unter dem Namen „MetaBirkin“ vertrieben. Die NFTs wurden zwischenzeitlich für bis zu 24.000 USD gehandelt. Hermès verklagte den Designer daraufhin wegen Markenverletzung und bekam in erster Instanz Recht.
Der Fall Hermès ist zwar der bekannteste, aber bei weitem kein Einzelfall. Gerade auf NFT-Marktplätzen ist immer wieder zu beobachten, dass Personen unter Verletzung von Geschmacksmuster-, Urheber- oder Markenrechten Dritter NFTs erstellen, anbieten und verkaufen. Dies mag daran liegen, dass es sich um ein neues Medium handelt, von dem viele – ähnlich wie beim Aufkommen des Internets – glauben, es sei ein rechtsfreier Raum, in dem man tun und lassen kann, was man will. Das ist aber natürlich nicht der Fall. Auch wenn noch viele Fragen offen sind, so ist doch klar, dass gewerbliche Schutzrechte auch in der virtuellen Welt Bestand haben.
Was ist also zu tun?
Insbesondere weil sich solche Rechtsverletzungen selbstverständlich – genau wie solche in der realen Welt – negativ auf den Ruf eines Unternehmens auswirken können, ist es für Unternehmen ratsam, diesen neuen Markt der NFT-Marktplätze und virtuellen 3D-Welten in den Blick zu nehmen und zu überwachen, um proaktiv gegen solche Verletzungen vorgehen zu können. Dabei bieten viele dieser sogenannten Metaversum-Plattformen genauso wie die herkömmlichen Online-Marktplätze Mechanismen zur Meldung von Verletzungen des geistigen Eigentums an. In den meisten Fällen akzeptieren sie dabei die gemeldeten Verstöße und ergreifen entsprechende Maßnahmen, so dass Rechtsverletzungen einfach und effektiv beseitig werden können.
Darüber hinaus sollten Unternehmen erwägen, ihre bestehenden Marken für einige metaverse-bezogene Waren- und Dienstleistungsklassen anzumelden, auch wenn sie selbst noch nicht den Schritt ins Metaversum planen. Dies ist deshalb sinnvoll, weil noch völlig unklar ist, ob Eintragungen für physische Waren auch gegen virtuelle Nachahmungen schützen. Dies hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob virtuelle Waren (z.B. ein virtuelles Kleidungsstück) mit seinem realen Pendant (also einem realen Kleidungsstück) markenrechtlich warenidentisch ist oder nicht. Argumente gibt es für beide Seiten, aber wenn die Gerichte oder Ämter die Warenidentität in der Zukunft verneinen sollten, werden sich wohl nur noch sehr bekannte Marken mit dem Argument der Rufausbeutung auf ihre Markenrechte berufen können. Zudem ist bereits zu beobachten, dass Dritte versuchen, bestehende Marken für diese neuen Warenklassen eintragen zu lassen. Zwar mag es möglich sein, solche Marken – wenn sie denn eingetragen werden – später wieder löschen zu lassen. Dies ist jedoch kosten- und zeitaufwendig und kann leicht vermieden werden, indem man mit eigenen Markenanmeldungen zuvorkommt.
Zudem kommen mit dem Metaverse auch neue Domains, wie .crypto .metaverse oder .ether. Noch ist nicht klar, wie diese Blockchain-Domains in der Zukunft genutzt werden können. Wahrscheinlich ist, dass sie ähnlich wie herkömmliche Domains als Adress-System funktionieren werden. Wichtig ist jedoch: Diese Domain-Namen werden bereits vergeben. Im Gegensatz zu herkömmlichen Domains gibt es dabei jedoch keine zentrale Schlichtungsstelle, die bei diesen Blockchain-Domains Markenrechtsfragen oder ähnliches klärt. Das bedeutet, dass es fast unmöglich ist, einen einmal in Besitz genommenen Domainnamen als rechtmäßiger Markeninhaber wieder zurückzubekommen. Unternehmen sollten sich aus diesem Grund überlegen, eine oder mehrere Blockchain-Domain-Namen auf ihren Namen zu registrieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Verständnis der Herausforderungen, die Überwachung des Metaversums und ein proaktives Handeln in diesem Bereich Unternehmen in die Lage versetzen, in diesem neuen Raum erfolgreich zu sein, während die Risiken minimiert und die Chancen maximiert werden. Das Metaversum birgt ein enormes Potenzial, und Unternehmen, die seine Chancen nutzen und gleichzeitig ihre geistigen Eigentumsrechte schützen, werden im Zeitalter des Metaversums erfolgreich sein.
Hier finden Sie die weiteren Teile unserer Reihe „Gewerblicher Rechtsschutz im digitalen Raum – Metaverse, Blockchain, NFT & Co“:
Das Metaversum – Chancen und Risiken
Das Metaversum – drei wichtige Tipps für Unternehmen zur Vermeidung von eigenen Rechtsverletzungen
3. August 2023