tina bieniek gesellschaftsrecht webp 1.jpgrobert dylan grasshoff gesellschaftsrecht webp 1.jpg

Was im elektronischen Handelsregister steht, ist offenkundig

Die im Internetportal www.handelsregister.de eingetragenen, öffentlich zugänglichen Informationen sind allgemeinkundige Tatsachen. Dies entschied der BGH.

Sachverhalt

Dem Beschluss des BGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine GmbH erwirkte zwei Versäumnisurteile und einen Kostenfestsetzungsbeschluss. Sie wurde anschließend mit einer anderen GmbH verschmolzen. Die übernehmende GmbH beantragte beim Amtsgericht, ihr eine vollstreckbare Ausfertigung der Titel mit Rechtsnachfolgeklausel zu erteilen. Sie legte dazu Handelsregisterauszüge vor, aus denen die Verschmelzung ersichtlich war. Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab und verlangte öffentlich beglaubigte Handelsregisterauszüge. Hiergegen legte die GmbH sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht wies die Beschwerde zurück. Dagegen wandte sich die GmbH mit der Rechtsbeschwerde zum BGH.

Der Beschluss des BGH vom 24.05.2023 (Az. VII ZB 69/21)

Der BGH gab der GmbH Recht und verwies die Sache an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung zurück. Das im Internet über das „Gemeinsame Registerportal der Länder“ elektronisch geführte Handelsregister ist nach Ansicht des BGH eine allgemein zugängliche Quelle. Das Gericht könne daher daraus ohne Probleme die Verschmelzung der beiden Rechtsträger nachvollziehen. Eines gesonderten Nachweises, wie hier gefordert in Form eines Handelsregisterauszugs in öffentlich beglaubigter Form, bedürfe es nicht.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die besondere Bedeutung des Handelsregisters als öffentliches Verzeichnis. Das Handelsregister informiert über die wesentlichen rechtlichen Verhältnisse von Kaufleuten und Gesellschaften, wie z.B. Sitz, Geschäftsanschrift, Unternehmensgegenstand, Gesellschafter und vertretungsberechtigte Personen u.a. Seit dem 01.08.2022 sind diese Informationen sogar für jedermann elektronisch kostenlos abruf- und einsehbar.

Die Publizität des Handelsregisters dient nicht nur der Information, sondern auch dem Schutz des Rechtsverkehrs bzw. Dritten, die mit einem Kaufmann oder einer Gesellschaft in Geschäftsverbindung treten wollen oder stehen. Für sie kann es wichtig sein, sich über die Identität, Vertretungsbefugnis und Haftungsverhältnisse ihrer Geschäftspartner zu informieren.

Die Publizität des Handelsregisters hat dabei zwei Aspekte: Zum einen bewirkt sie eine Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der eingetragenen Tatsachen (sog. positive Publizität). D.h. die Tatsachen, die im Handelsregister eingetragen sind, gelten als richtig. Das gilt selbst dann, wenn sie tatsächlich unrichtig sind – außer dem Dritten ist die Unrichtigkeit der eingetragenen Tatsache bekannt. Zum anderen schützt das Handelsregister den guten Glauben an das Fehlen nicht eingetragener oder bekanntgemachter Tatsachen (sog. negative Publizität). Ist also etwas nicht im Handelsregister eingetragen, was eingetragen sein müsste, kann sich die Gesellschaft nicht auf diese Tatsache berufen. Wiederum gilt die Ausnahme, dass wenn die nicht eingetragene Tatsache dem Dritten auf anderem Weg bekannt war, er auch in diesem Fall nicht schutzwürdig ist.

Das Handelsregister ist also nicht nur ein formales Register, sondern ein wesentliches Instrument zur Information und zum Schutz des Rechtsverkehrs. Die Publizität des Handelsregisters hat sowohl rechtliche als auch praktische Konsequenzen für alle Beteiligten.

Kontakt > mehr