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Einstweiliger Rechtsschutz bei Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen

Zur Vermeidung des Verlusts von Mitgliedschaftsrechten während eines Klageverfahrens gegen eine unwirksame Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen durch Aufnahme einer neuen (unrichtigen) Gesellschafterliste ins Handelsregister empfiehlt sich für den betroffenen Gesellschafter ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz. Dabei ist dringend auf ein zügiges Handeln zu achten, wie das OLG Frankfurt a.M. kürzlich klarstellte.

Sachverhalt

Der Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. lag ein Gesellschafterstreit zugrunde.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 03.12.2021 wurden die GmbH-Geschäftsanteile des Gesellschafters durch seine zwei Mitgesellschafter aus wichtigem Grund eingezogen.

Dagegen erhob der betroffene Gesellschafter am 03.01.2022 Beschlussanfechtungsklage. Erst mit Schriftsatz vom 02.05.2022 beantragte jedoch der Gesellschafter schließlich den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Verpflichtung der Mitgesellschafter, ihn weiterhin als Gesellschafter der GmbH zu behandeln und eine entsprechend korrigierte Gesellschafterliste zur Aufnahme ins Handelsregister einzureichen.

Den Antrag auf Erlass wies das LG Frankfurt a.M. zurück. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgte der Gesellschafter sein Begehren im einstweiligem Rechtsschutzverfahren weiter.

Der Beschluss des OLG Frankfurt a.M. vom 30.06.2022 – Az. 5 W 18/22

Auch die sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg. Das OLG Frankfurt a.M. stellte fest, dass es für den Erlass einer einstweiligen Verfügung an einem Verfügungsgrund fehle. Ein grundsätzlich gegebener Verfügungsgrund sei jedenfalls nachträglich entfallen, da dem Antragsteller die Gefährdung seiner Rechtsstellung bereits seit dem Gesellschafterbeschluss vom 03.12.2021 bekannt gewesen sei und er mit dem einstweiligen Verfügungsantrag gleichwohl bis zum 02.05.2022 zugewartet habe. Der Annahme der für den Verfügungsgrund erforderlichen Dringlichkeit stehe damit das Verhalten des Beschwerdeführers entgegen.

Praxishinweis

Wie die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. veranschaulicht, ist schnelles und umfassendes Handeln zur Abwehr der Aushöhlung von Mitgliedschaftsrechten in der GmbH bei anfechtbaren oder nichtigen Gesellschafterbeschlüssen zur Einziehung von GmbH-Gesellschaftsanteilen geboten.

Aus der beim Handelsregister hinterlegte Gesellschafterliste ergibt sich, wer als Gesellschafter der GmbH gilt und die zugehörigen Gesellschafterrechte ausüben kann – diese sog. Legitimationswirkung (§§ 16, 40 GmbHG) besteht sogar dann, wenn die Gesellschafterliste unrichtig ist. Das heißt: Wenn die Geschäftsführung nach der Einziehung von Geschäftsanteilen eine neue Gesellschafterliste einreicht, obwohl der Einziehungsbeschluss anfechtbar oder nichtig ist, verliert der betroffene Gesellschafter trotzdem – jedenfalls vorübergehend – seine Gesellschafterrechte. Selbst wenn er eine „normale“ Klage gegen den Einziehungsbeschluss erhebt, bleibt die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste bestehen.

Zur Absicherung seiner Gesellschafterrechte während des Klageverfahrens in der Hauptsache kann der von der Einziehung der Gesellschaftsanteile betroffene Gesellschafter allerdings im einstweiligen Rechtsschutz gegen die Einreichung einer neuen (unrichtigen) Gesellschafterliste vorgehen bzw. die Korrektur einer beim Handelsregister eingereichten (unrichtigen) Gesellschafterliste bewirken. Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung muss der betroffene Gesellschafter einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund nachweisen. Neben der Glaubhaftmachung, dass der Gesellschafterbeschluss unwirksam ist (Verfügungsanspruch) muss der betroffene Gesellschafter darlegen, dass eine besondere Dinglichkeit besteht und ein Abwarten bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren unzumutbar ist (Verfügungsgrund).

Regelmäßig folgt die besondere Dringlichkeit bei der Einziehung von Geschäftsanteilen aus der drohenden Entwertung der Mitgliedschaftsrechte durch Einreichung einer neuen Gesellschafterliste. Wenn der Gesellschafter durch sein Verhalten aber zeigt, dass er selbst die Angelegenheit als wenig dringlich ansieht, kann der anfänglich gegebene Verfügungsgrund auch wieder entfallen (sog. Selbstwiderlegung). So war es auch im Fall des OLG Frankfurt a.M., in dem der Gesellschafter mehrere Monate mit seinem Antrag gewartet hatte.

Aus der Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. ergibt sich für den von einem anfechtbaren bzw. nichtigem Einziehungsbeschluss betroffenen Gesellschafter im Lichte eines effektiven Schutzes seiner Gesellschafterposition und -rechte ein kurzfristiger Handlungsbedarf. Neben der Einreichung einer Beschlussanfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage gegen den Gesellschafterbeschluss sollte (spätestens) parallel auch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Einreichung einer neuen (unrichtigen) Gesellschafterliste bzw. auf Korrektur einer nach Einziehungsbeschluss bereits eingereichten (unrichtigen) Gesellschafterliste geprüft und ggf. veranlasst werden.

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