Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers aus wichtigem Grund
Lädt der Geschäftsführer einer GmbH nicht zu einer gebotenen Gesellschafterversammlung ein, kann hierin ein wichtiger Grund für dessen Abberufung liegen. Dies entschied das KG Berlin.
Sachverhalt
Im Fall des KG Berlin ging es um die Untersagung der Tätigkeit als Geschäftsführer im Wege einer einstweiligen Verfügung.
In einer Gesellschafterversammlung einer GmbH sollte über die Abberufung des Geschäftsführers abgestimmt werden. Der Geschäftsführer war an der Gesellschaft mittelbar über eine andere Gesellschaft beteiligt. Dem Einberufungsverlangen des anderen Gesellschafters kam der Geschäftsführer jedoch nicht nach. Der andere Gesellschafter rief die Gesellschafterversammlung daher unter Verweis auf sein Selbsthilferecht bei Untätigkeit des Geschäftsführers selbst ein.
In der hierauf durchgeführten Gesellschafterversammlung stimmte die Gesellschaft des Geschäftsführers gegen und der andere Gesellschafter für die Abberufung des Geschäftsführers. Da nach Ansicht des anderen Gesellschafters der Geschäftsführer wirksam abberufen worden war, beantragte er im einstweiligen Rechtsschutz die Untersagung der Tätigkeit als Geschäftsführer.
Der Beschluss des KG Berlin vom 08.12.2022 (Az. 23 U 111/22)
Das KG Berlin gab dem antragstellenden Gesellschafter Recht und untersagte dem Geschäftsführer die Tätigkeit.
Nach Auffassung des KG Berlin war in der Nichteinberufung der gebotenen Gesellschafterversammlung eine grobe Pflichtverletzung der Geschäftsführerpflichten zu sehen, was schon für sich genommen einen wichtigen Grund für die Abberufung darstellte. Auch der Gesellschafterbeschluss war wirksam mit einfacher Mehrheit gefasst worden, da die Stimmen der Gesellschaft des Geschäftsführers unberücksichtigt bleiben mussten. Er hätte sonst – so das KG Berlin – als Richter in eigener Sache sein eigenes Verhalten beurteilen müssen. Dass er nicht selbst Gesellschafter, sondern nur Alleingesellschafter der beteiligten Gesellschaft war, rechtfertige keine andere Bewertung.
Praxishinweis
Die streitige Abberufung des Geschäftsführers wird – wie seine Bestellung – typischerweise in einer Gesellschafterversammlung beschlossen. Ist der Geschäftsführer an der Gesellschaft unmittelbar oder – wie im Fall des KG Berlin – auch nur mittelbar beteiligt, ist er bzw. die von ihm beherrschte Gesellschaft von der Beschlussfassung über die Abberufung aus wichtigem Grund ausgeschlossen. Nur bei Entscheidungen über eine einfache Abberufung – also eine Abberufung ohne wichtigen Grund – unterliegt er keinem Stimmverbot.
Wichtige Gründe für die Abberufung können grobe Pflichtverletzungen sein, wie z.B. Straftaten, die Einreichung von Jahresabschlüssen ohne Feststellung durch die Gesellschafterversammlung, die Änderung der Grundlagen der Geschäftspolitik ohne Gesellschafterbeschluss oder in Einzelfällen auch tiefgreifende Zerwürfnisse zwischen den Geschäftsführern (hierbei muss nicht zwingend der „schuldige“ Geschäftsführer abberufen werden). Darüber hinaus kann auch die (verschuldete und nicht-verschuldete) Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung einen wichtigen Grund zur Abberufung des Geschäftsführers begründen (z.B. das Fehlen notwendiger Kenntnisse, mangelnder Arbeitseinsatz oder eine lange andauernde Krankheit).
Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass das KG Berlin einen wichtigen Grund für die Abberufung auch darin sieht, wenn der Geschäftsführer seinen Pflichten zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung nicht nachkommt (und zwar erst recht, wenn er damit seine eigene Abberufung verhindern will). Denn: Zuständig für die Einberufung der Gesellschafterversammlung ist grundsätzlich – auch wenn es in der Gesellschafterversammlung um seine eigene Abberufung gehen soll – der Geschäftsführer. Er ist zur Einberufung der Gesellschafterversammlung in den gesetzlich normierten Fällen sogar verpflichtet, beispielsweise bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals, bei einer erforderlichen Satzungsänderung oder – wie im Fall des KG Berlin – im Falle eines Einberufungsverlangens einer Gesellschafterminderheit. Wenn er diese Pflichten nicht erfüllt, verhält er sich pflichtwidrig.
20. Juni 2023