Unterschrift, Handzeichen, Paraphe? - Zur Anforderung an den Namenszug unter einer Kündigung
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 26.10.2022 - 3 Sa 79/22 entschieden, dass das Schriftformerfordernis nach §§ 623, 126 BGB keine Leserlichkeit der Unterschrift voraussetzt. Maßgeblich ist die Identifizierbarkeit der Unterschrift.
Sachverhalt
Die Beklagte beschäftigte die Klägerin seit dem 01.01.2021 als Abteilungsleiterin und kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit. Die Kündigung wurde von der stellvertretenden Leiterin des Geschäftsbereichs Personal mit dem Zusatz i.V. unterzeichnet. Diese hatte Unterschriftsbefugnis.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Kündigung sei unwirksam. Die Unterschrift unter dem Kündigungsschreiben sei unleserlich. Das Kündigungsschreiben entspreche nicht dem Schriftformerfordernis nach den §§ 623, 126 Abs.1 BGB. Dieses verlange, dass sich aus der Unterschrift die Identität des Unterschreibenden jedenfalls ableiten lasse. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt.
Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Das LAG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
Nach Auffassung des LAG Mecklenburg-Vorpommern sei die Kündigung vorliegend nicht aufgrund Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses unwirksam.
Eine eigenhändige Unterschrift i.S.d. §§ 623, 126 Abs. 1 BGB setze nicht voraus, dass aufgrund der Unterschrift schon bei Zugang der schriftlichen Erklärung die Person des Ausstellers für den Empfänger zweifelsfrei feststehe. Maßgeblich sei, dass der Aussteller identifiziert werden könne. Die Lesbarkeit des Namenszuges sei nicht erforderlich. Es genüge ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweise, die eine Nachahmung erschwerten. Der Schriftzug müsse sich als Wiedergabe eines Namens darstellen und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lassen, selbst wenn er flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet sei.
Die Unterschrift sei dabei von einer bewussten und gewollten Namensabkürzung (Handzeichen, Paraphe) zu unterscheiden. Handzeichen oder Paraphe wahrten die Schriftform nur im Falle einer notariellen Beglaubigung. Für die Abgrenzung zwischen Unterschrift und Handzeichen sei das äußere Erscheinungsbild maßgebend. Der Wille des Unterzeichnenden sei nur von Bedeutung, soweit er in dem Schriftzug seinen Ausdruck gefunden habe. Handzeichen, die einen Buchstaben verdeutlichten, stellten keine formgütige Unterschrift dar. Auch Unterzeichnungen mit einer Buchstabenfolge, die erkennbar als bewusste und gewollte Namensabkürzung erscheinen, seien keine formgütige Unterschrift. Typisches Merkmal für eine Namensabkürzung seien Punkte nach einzelnen Buchstaben.
Hinweis für die Praxis
Nach einer Kündigung streiten sich die Parteien meist um die Frage der Wirksamkeit der Kündigung. Neben mangelnden Kündigungsgründen werden in der Regel auch etwaige Formmängel gerügt. Die Unterschrift unter der Kündigung spielt hierbei nicht selten eine zentrale Rolle. Um etwaigen Streitigkeiten um die Wahrung des Schriftformerfordernisses vorzubeugen, sollte die Unterschrift bei Kündigungserklärungen einen charakteristischen Schriftzug enthalten. Bloße Namensabkürzungen oder unklare Zeichnungen, welche eine Identifikation nicht zulassen genügen im Zweifel nicht der Schriftform. Ein häufig arbeitgeberseits verursachter Fehler ist auch die digitale Unterschrift (etwa mittels Docusign). Auch diese ist nicht ausreichend.
20. Februar 2023