andrea wilke arbeitsrecht webp 1.jpg

Kündigung einer Homeoffice-Vereinbarung

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat mit Urteil vom 16.03.2023 (Az. 18 Sa 832/22) entschieden, dass die Kündigung einer Zusatzvereinbarungen zum Homeoffice zulässig ist, wenn dem Arbeitgeber wirksam das Recht zur gesonderten Kündigung eingeräumt wurde.

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger nach Maßgabe einer arbeitsvertraglichen Zusatzvereinbarung ein Anspruch zusteht, seine Arbeitsleistung im Homeoffice zu erbringen.

Die Beklagte betreibt ein Software-Unternehmen mit Sitz in B. Der Kläger wohnt andernorts. Er ist seit dem 01.02.2017 als Sales Account Manager für die Beklagte tätig. Unter dem 29.11.2016 trafen die Parteien eine „Zusatzvereinbarung über Tätigkeit im Homeoffice“, die vorsah, dass der Kläger seine Arbeitsleistung im Wesentlichen in seiner Wohnung erbringt. Zur Beendigung dieser Vereinbarung regelten die Parteien Folgendes:

„§ 7 Beendigung der häuslichen Arbeit

Diese Vereinbarung endet spätestens mit dem Ende des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses aufgrund des Arbeitsvertrags vom 28.11.2016 sofern sie nicht vorher durch eine der Parteien gekündigt wird.

Die Kündigung dieser Vereinbarung bedarf der Schriftform und muss unter Einhaltung einer Frist von einem Monat ausgesprochen werden. Mit Ablauf der Kündigungsfrist endet die häusliche Arbeit, so dass der Mitarbeiter verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung in den Unternehmensräumen zu erbringen.“

Nachdem der Kläger über Monate arbeitsunfähig erkrankt war, kündigte die Beklagte die Zusatzvereinbarung. In dem Kündigungsschreiben heißt es zudem, dass sich die Voraussetzungen, die Grund für die Zusatzvereinbarung gewesen seien, so sehr verändert hätten, dass eine Erbringung der Arbeitsleistung im Innendienst am Unternehmenssitz in B die zu der Zeit einzig denkbare Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers für das Unternehmen sei. Gegen die Kündigung geht der Kläger gerichtlich vor. Es handele sich bei den Bestimmungen der Zusatzvereinbarung um vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten. Der Kündigungsvorbehalt der Zusatzvereinbarung sei unwirksam.

Entscheidungsgründe

Dem Kläger steht der vertragliche Anspruch, im Wesentlichen in seiner Wohnung zu arbeiten, aus der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 nicht zu, da die Beklagte diese wirksam gekündigt hat. Zwar ist eine sogenannte Teilkündigung, die nur einzelne Bestandteile des Arbeitsvertrages betrifft, im Grundsatz unzulässig, da eine einseitige Änderung von Vertragsbedingungen gegen den Willen des Vertragspartners nicht erfolgen kann. Eine Teilkündigung kann aber zulässig sein, wenn dem Kündigenden hierzu das Recht eingeräumt wurde. In diesem Fall erfolgt die einseitige Änderung der Vertragsbedingungen nicht gegen den Willen des anderen Vertragspartners, sondern aufgrund des vereinbarten Teilkündigungsrechts.

Durch die Abrede wird auch kein zwingender Kündigungsschutz (§§ 1, 2 KSchG) umgangen. Die Kündigung betraf nicht die im synallagmatischen Verhältnis stehenden wechselseitigen Pflichten des Arbeitsverhältnisses, sondern lediglich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Kläger seine Arbeitsleistung von seiner Wohnung aus erbringen durfte.

Selbst wenn die Zusatzvereinbarung insgesamt oder speziell im Hinblick auf § 7 als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen wäre und der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 bis 309 BGB unterläge, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündbarkeitsregelung. Die Abrede über einen Homeoffice-Arbeitsplatz betrifft keine vertraglich vorgesehene Leistung der Beklagten, sondern den Ort der Arbeitsleistung, der vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst ist. Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers liegt nicht vor. Maßstab für die Beurteilung ist das gesetzliche Leitbild des § 106 S. 1 GewO, von der sich die Kündbarkeitsregelung nicht in unzulässiger Weise entfernt. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Hinweis für die Praxis

Mit seiner Klage hat der Kläger nur die Kündigung der Zusatzvereinbarung angegriffen. Über die Zulässigkeit der darin enthaltenen Weisungen im Hinblick auf den Arbeitsort und den Inhalt der Arbeitsleistung, nunmehr im Innendienst tätig zu sein, hatte das Gericht nicht zu entscheiden.

Für künftige Homeoffice-Vereinbarungen ist die Entscheidung erfreulich, da Arbeitgeber sich nun leichter tun werden, entsprechende Zusatzvereinbarungen mit ihren Mitarbeitern zu schließen, ein praktisches Bedürfnis, das der aktuellen Arbeitsmarktlage entgegenkommt.

Kontakt > mehr