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Welches nationale Recht ist bei Verletzungen eines EU-Designs anwendbar?

Diese Frage musste der EuGH in seiner Entscheidung aus dem Frühjahr 2022 (Urteil vom 03.03.2022, Az. C-421/20, Acacia ./. BMW AG) über eine Klage der BMW AG gegen eine in Italien ansässige Gesellschaft wegen Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters (EU-Designs) beantworten.

Die Frage nach dem anwendbaren Recht klingt eigentlich trivial: Bei der Verletzung eines EU-Designs vermutet man, dass EU-Recht anzuwenden ist. Das ist grundsätzlich richtig – aber für einige Rechtsfolgen wie Auskunft und Schadensersatz finden sich in der EU-Verordnung keine Regeln. Daher kommt ergänzend nationales Recht zum Zug – nur: welches?

In dem vom EuGH zu entscheidenden Fall stellte die italienische Gesellschaft in Italien Felgen für Kraftfahrzeuge her, die unter anderem in Deutschland vertrieben und auch über das Internet beworben wurden. BMW wollte – gestützt auf ein eingetragenes EU-Design – gegen diese Handlungen vorgehen und hatte hierbei die Wahl zwischen zwei Gerichtsständen: Die Klage konnte entweder in Italien am Sitz der Gesellschaft und dem Ort der Herstellung der Felgen oder in Deutschland am Ort des Vertriebs erhoben werden.

Für den Fall einer Klage am Sitz des Beklagten hatte der EuGH bereits entscheiden, dass es auf das nationale Recht des Staates ankommt, wo die „ursprüngliche Verletzungshandlung“ stattfand: Das ist zumeist der Sitz der Beklagten, wo häufig produziert wird oder zumindest der Vertreib startet.
BMW klagte jedoch am Landgericht Düsseldorf, also in Deutschland. Darum musste das Gericht nun entscheiden, ob deutsches oder italienisches Recht anwendbar ist. In dieser Konstellation hat das angerufene Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht nur über die Verletzungshandlungen zu entscheiden, die in dem Mitgliedstaat begangen wurden oder drohen, in dem dieses Gericht seinen Sitz hat. Das Gericht hat dann also nicht über das EU-weite Gesamtgeschehen zu urteilen, sondern nur über die Handlungen in Deutschland. Für diesen Fall hat das EuGH entscheiden, dass das nationale Recht des Mitgliedstaats anwendbar ist, in dem die Klage erhoben wurde – hier also: Deutschland.

Wer Interesse an den rechtlichen Hintergründen und weiteren Einzelheiten hat, findet meine Anmerkungen zu dieser Entscheidung in meinem Beitrag in der IWRZ 2022, 140.

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