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Umsetzung von Managementsystemen für die Lebensmittelsicherheit

Am 16. September 2022 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union die Bekanntmachung der Kommission zur Umsetzung von Managementsystemen für Lebensmittelsicherheit unter Berücksichtigung von guter Hygienepraxis und auf die HACCP-Grundsätze gestützten Verfahren einschließlich Vereinfachung und Flexibilisierung bei der Umsetzung in bestimmten Lebensmittelunternehmen (2022/C355/01) veröffentlicht.

Gegenstand des neuen Leitfadens

Der neue Leitfaden aktualisiert den bisherigen Leitfaden aus dem Jahr 2016 und berücksichtigt die zuletzt ergangenen gesetzlichen Neuerungen wie die Einführung des Allergenmanagements und der Lebensmittelsicherheitskultur als Vorschriften in der Verordnung (EG) Nr. 852/2004. Zudem werden Anpassungen bei internationalen Normen wie die Überarbeitung der ISO 22000, der allgemeinen Grundsätze für die Lebensmittelhygiene des Codex Alimentarius sowie der Verabschiedung des Codex-Alimentarius-Verhaltenskodex für das Allergenmanagement im Lebensmittelbereich für Lebensmittelunternehmer berücksichtigt. Seit 2016 hat auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wissenschaftliche Stellungnahmen wie die „Ansätze zur Gefahrenanalyse für bestimmte kleine Einzelhändler im Hinblick auf die Anwendung ihrer Managementsysteme für Lebensmittelsicherheit“ und „Ansätze für die Gefahrenanalyse für bestimmte kleine Einzelhändler und Lebensmittelspenden“ veröffentlicht. Auch diese finden in den neuen Leitsätzen Berücksichtigung. Der Leitfaden ist nicht rechtsverbindlich und stellt nur eine Orientierungshilfe dar.

Was ist ein Managementsystem für Lebensmittelsicherheit (FSMS)?

Gemäß der Begriffsbestimmung in dem Leitfaden handelt es hierbei um Präventivprogramme, gegebenenfalls ergänzt um Kontrollmaßnahmen an Kritischen Kontrollpunkten (CCPs), die in ihrer Gesamtheit sicherstellen, dass das Lebensmittel sicher und für seine vorgesehene Verwendung geeignet ist. Das FSMS umfasst auch die Kombination von Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen. Mit Letzteren soll nachgewiesen werden, dass die Kontrollmaßnahmen – wie Validierung und Verifizierung, Dokumentation und Aufzeichnung – ordnungsgemäß funktionieren. In Anlage 1 des Leitfadens ist anschaulich ein „Überblick über Managementsysteme für Lebensmittelsicherheit ausgenommen die Primärproduktion und damit zusammenhängende Vorgänge“ dargestellt.

Neuerungen

Der Leitfaden gibt den Unternehmen eine Orientierungshilfe, den etwas unscharfen Begriff der „Lebensmittelsicherheitskult“ greifbarer zu machen. In Anhang I Ziffer 3.14 ist der Lebensmittelsicherheitskultur als Bestandteil der „Guten Hygienepraxis“ ein eigenes Kapitel gewidmet worden. Da die gesetzlichen Bestandteile der Lebensmittelsicherheitskultur auf subjektiven Wahrnehmungen beruhen, sind in dem Leitfaden in Anlage 3 Instrumente aufgeführt, wie sich der verhaltensbasierte Ansatz der Lebensmittelsicherheitskultur messbar machen lässt. So wird in Anlage 3 als Beispiel für ein solches Instrument eine Befragung von unterschiedlichen Mitarbeitergruppen dargestellt, die dazu führt, dass Schwächen bei bestimmten Grundsätzen der Lebensmittelsicherheitskultur ermittelt und Korrekturmaßnahmen ergriffen werden können. Darüber hinaus kann auch eine allgemeine Bewertung der Lebensmittelsicherheitskultur durch den Vergleich der Ergebnisse durchgeführt werden, etwa in verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens oder in verschiedenen Zweigen derselben Gruppe, zum Beispiel Supermärkte oder Fleischereien, die derselben Gruppe angehören. Zudem helfen die Indikatorenbeispiele als Instrument zur Bewertung der Lebensmittelsicherheitskultur auch den Lebensmittelsicherheitsbehörden. Wenn diese denselben Fragebogen für Audits in einer bestimmten Branche verwenden, können die Überwachungsbehörden die Standards in verschiedenen Unternehmen derselben Branche mühelos miteinander vergleichen.

In Anhang III des Leitfadens wird den zuständigen Behörden hierzu spiegelbildlich eine Orientierungshilfe für die Überprüfung von Managementsystemen für die Lebensmittelsicherheitskultur, einschließlich der GHP und HACCP- gestützter Verfahren an die Hand gegeben. So wird empfohlen, ebenfalls mit Hilfe von Fragebögen zu kontrollieren,

  • ob eine Erhebung zur Lebensmittelsicherheitskultur erfolgt ist,
  • welche Kenntnisse Mitarbeiter über die Bedeutung der Herstellung sicherer und geeigneter Lebensmittel haben,
  • welche Einstellung und welches Verhalten die Beschäftigten in Bezug auf Lebensmittelhygiene haben,
  • welches Engagement der Betriebsleitung vorhanden ist und wie die Kommunikation mit anderen Abteilungen erfolgt,
  • wie die Führungsrolle bei der Einbeziehung aller Beschäftigten in die Verfahren zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit gelebt wird, welche Ressourcen zur Umsetzung der Lebensmittelsicherheitskultur vorhanden sind.

In Tabelle 1 wird sodann beispielhaft eine Checkliste zur Lebensmittelsicherheitskultur für die Behörden dargestellt. Weitere Instrumente sollen veröffentlich werden, sobald diese verfügbar sind.

Ausblick

Mit der Veröffentlichung des neuen Leitfadens ist nun damit zu rechnen, dass die Managementsysteme zur Lebensmittelsicherheitskultur auch behördlicherseits verstärkt kontrolliert werden. Wichtig ist, dass die Verifizierung der Lebensmittelsicherheitskultur anhand objektiver Daten kein einmaliger Vorgang, sondern ein kontinuierlicher Prozess ist, der in den Unternehmen so auch als Kultur gelebt werden sollte.

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