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Angaben wie z. B. Vitamin A oder Vitamin D im Zutatenverzeichnis sind ausreichend

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 24.03.2022 – C-533/20 – entschieden, dass Vitamine als Zutaten im Zutatenverzeichnis eines Lebensmittels zu kennzeichnen sind, wenn diese dem Lebensmittel zugesetzt werden und im Enderzeugnis vorhanden sind. Bezeichnungen wie Vitamin A oder Vitamin D sind ausreichend.

Sachverhalt

In Ungarn wurde ein Margarineerzeugnis mit einem Fettgehalt von 35 % mit zugesetzten Pflanzensterolen vertrieben. Im Zutatenverzeichnis war u. a. die Angabe „Vitamine (A, D)“ enthalten. Die ungarische Regierungsbehörde untersagte den Vertrieb des Margarineerzeugnisses. Sie vertrat die Ansicht, dass die Vitamine als Zutaten des Lebensmittels gemäß den Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 i. V. m. der Verordnung (EG) 1925/2006 mit den bei der Herstellung speziell verwendeten Vitaminverbindungen zu kennzeichnen seien. Die Vitaminverbindungen werden in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1925/2005 aufgeführt. Für Vitamin A sind dies bspw. „Retinol“, „Retinylacetat“, „Retinylpalmitat“ und „Beta-Carotin“. Hiergegen klagte das Unternehmen erfolgreich in 1. Instanz. Das angerufene Berufungsgericht setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH folgende Fragen zur Entscheidung vor:

Ist die Verordnung (EU) Nr. 1169/2021, insbesondere Art. 18 Abs. 2, dahin auszulegen, dass im Fall des Zusatzes von Vitaminen zu Lebensmitteln bei der Angabe der Lebensmittelzutaten über die Bezeichnung der Vitamine hinaus auch die Bezeichnung der Vitaminverbindungen, die Lebensmitteln zugesetzt werden dürfen, anzugeben ist?

Entscheidungsgründe

Der EuGH stellte zunächst klar, dass Vitamine Zutaten im Sinne von Artikel 2 Abs. 2 Buchst. f) der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 sein können. Die Frage drängte sich auf und war vorab zu beantworten, weil Vitamine in der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 als Nährstoffe definiert sind. Sie können in der Nähwertdeklaration eines Lebensmittels angegeben werden, wenn sie in signifikanter Menge in einem Lebensmittel enthalten sind. Eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht besteht nicht. Der EuGH wies darauf hin, dass sich hieraus aber nicht ergebe, dass Vitamine nicht zugleich auch Zutaten sein können. Wenn ein Vitamin bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet werde und im Enderzeugnis noch vorhanden sei, sei dieses als Zutat zu kennzeichnen. Eine Angabe in der Nährwertdeklaration müsse aber nicht zwingend erfolgen.

Im Hinblick auf die strittige Frage, wie die eingesetzten Vitamine im Zutatenverzeichnis zu kennzeichnen sind, urteilte der EuGH, dass Vitamine mit der in Anhang XIII Teil A Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 aufgeführten Bezeichnung gekennzeichnet werden können, also z. B. als „Vitamin A“ oder „Vitamin D“.

Gemäß Artikel 18 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1169/2011 sind Zutaten, die in einem Lebensmittel enthalten sind, mit ihrer speziellen Bezeichnung, gegebenenfalls nach Maßgabe der Bestimmungen in Artikel 17 dieser Verordnung zu kennzeichnen. Hiernach erfolgt die Kennzeichnung der Zutat nach deren rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung oder, falls es keine rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung gibt, nach deren verkehrsüblichen Bezeichnung, oder falls es keine verkehrsübliche Bezeichnung gibt oder diese nicht verwendet wird, nach einer beschreibenden Bezeichnung. Der EuGH folgte den Ausführungen der Generalanwältin, dass in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1925/2005 keine rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnungen der Vitamine enthalten sind. Die Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 verfolge nicht den Zweck, die Nährwertkennzeichnung oder generell über das Vorhandensein von Vitaminen zu informieren. Zur Gewährleistung einer leicht verständlichen Information der Verbraucher und aus Gründen der Kohärenz in den Regelungen in der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 seien daher Vitamine, die in der Nährwertdeklaration mit Bezeichnungen wie „Vitamin A“, „Vitamin D“ oder „Vitamin E“ bezeichnet werden können, im Zutatenverzeichnis gleichlautend zu kennzeichnen.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist insofern praxisrelevant, weil zunächst klargestellt wird, dass Nährstoffe wie Vitamine Zutaten sein können. Das Zutatenverzeichnis informiert über das Vorhandensein dieser Vitamine, während in der Nährwertdeklaration über den spezifischen Vitamingehalt informiert wird. Dass die Angaben „Vitamin A“ oder „Vitamin D“ der alltagstypischen Bezeichnung von Vitaminen entsprechen, war in dem Verfahren nicht streitig. Insofern ist es begrüßenswert, dass diese leicht verständlichen Informationen über das Vorhandensein von Vitaminen in einem Lebensmittel weiterhin verwendet werden können.

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