max fahr arbeitsrecht p.jpg

Kein Wiedereinstellungsanspruch in der Insolvenz

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.05.2022 – Az. 6 AZR 224/21– entschieden, dass in der Insolvenz des Arbeitgebers kein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers besteht. Sei ein solcher Anspruch vor Insolvenzeröffnung bereits gegenüber dem Schuldner entstanden, erlösche er mit Insolvenzeröffnung. Die Insolvenzordnung binde durch § 108 Abs. 1 InsO den Insolvenzverwalter nur an bereits vom Schuldner begründete Arbeitsverhältnisse, kenne jedoch keinen Kontrahierungszwang des Insolvenzverwalters. Einen solchen Zwang könne nur der Gesetzgeber anordnen.

Sachverhalt

Der Betten- und Matratzenhersteller mit rund 300 Arbeitnehmern, bei welchem der Kläger beschäftigt war, kündigte das Arbeitsverhältnis wirksam zum 31.07.2019 wegen Betriebsstilllegung. Nach Auffassung des Klägers sei während der Kündigungsfrist ein Betriebsübergang auf die spätere Insolvenzschuldnerin, bei der etwa 20 Arbeitnehmer angestellt waren, beschlossen und am 01.08.2019 vollzogen worden. Er verlangte von der späteren Insolvenzschuldnerin daher Wiedereinstellung. Die spätere Insolvenzschuldnerin erklärte vorsorglich eine Kündigung, gegen welche der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage erhob. Während des Berufungsverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Das arbeitsgerichtliche Verfahren wurde dadurch unterbrochen. Der Kläger erklärte mit Schriftsatz vom 29.06.2020 die Aufnahme des arbeitsgerichtlichen Verfahrens. Der Beklagte widersprach der Aufnahme. Das Landesarbeitsgericht hat mit Zwischenurteil festgestellt, dass das Verfahren weiterhin unterbrochen ist.

Die dagegen erhobene Revision des Klägers war lediglich aus prozessualen Gründen erfolgreich.

Entscheidungsgründe

Der richterrechtlich entwickelte Wiedereinstellungsanspruch kommt nach der Rechtsprechung des BAG zum Tragen, wenn sich die bei Zugang der Kündigung noch zutreffende Prognose des Arbeitgebers, der Beschäftigungsbedarf werde bei Ablauf der Kündigungsfrist entfallen, als fehlerhaft erweist, etwa weil es zu einem Betriebsübergang kommt. Zwar bestehe ein solcher Anspruch in der Insolvenz nicht, so dass der Rechtsstreit an sich nicht nach § 240 ZPO unterbrochen werde. Werde jedoch mit dem Wiedereinstellungsanspruch – wie im vorliegenden Fall – zugleich die Wirksamkeit einer Kündigung angegriffen, führe das zur Unterbrechung auch bezüglich des Streits über die Wiedereinstellung. Umgekehrt habe allerdings die Aufnahme des Kündigungsrechtsstreits, für die es nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO genügt, dass bei Obsiegen des Arbeitnehmers Masseverbindlichkeiten entstehen können, zugleich auch die Aufnahme des Streits über die Wiedereinstellung zur Folge.

Hinweis für die Praxis

Mit seiner Entscheidung gibt das BAG in prozessualer Hinsicht bezüglich der streitgegenständlichen Frage, ob der wegen der Insolvenz der Insolvenzschuldnerin unterbrochene Rechtsstreit wiederaufzunehmen ist, dem Kläger recht. Im materiellen Ergebnis wird dies dem Kläger allerdings nicht wirklich weiterhelfen, da das BAG dem begehrten Wiedereinstellungsanspruch eine Absage erteilt hat.

Kontakt > mehr