tina bieniek gesellschaftsrecht p.jpgJonas Laudahn WebH

Publikums-KG: Haftung für rückständige Einlage trotz fehlender Fälligkeit

Ein Kommanditist einer KG nimmt an Verlusten in Höhe seines Kapitalanteils und bis zur Höhe einer etwaig noch rückständigen Einlage teil. Soweit er seiner Einlageverpflichtung nicht (vollständig) nachkommt, kann nach seinem Austritt also auch ein Abfindungsfehlbetrag von ihm verlangt werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Einlageverpflichtung im Zeitpunkt des Austritts noch nicht fällig war.

Sachverhalt

Der BGH hatte hierzu folgenden Fall zu entscheiden: An einer Publikums-KG war unter anderem ein Kommanditist mit einer Pflichteinlage beteiligt, die zur Hälfte mit dem Eintritt in die KG fällig sein sollte. Der Restbetrag sollte erst mit Existenz erwirtschafteter und zur Ausschüttung anstehender Gewinne fällig werden. Zudem enthielt der Gesellschaftsvertrag eine Schiedsgutachterklausel, die bestimmte, dass bei Streit über die Höhe der Abfindung bei Ausscheiden ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer deren Höhe bestimmen sollte.

Später wurde der Gesellschaftsvertrag geändert. Nach dem geänderten Gesellschaftsvertrag blieb es zwar weiterhin bei der sofortigen Fälligkeit von 50% der Pflichteinlage. Die Fälligkeit der übrigen Einlage wurde jedoch so geändert, dass ein Teil der weiteren Pflichteinlage durch Einforderung seitens der Geschäftsführung fällig werden sollte. Die Schiedsgutachterklausel blieb bestehen.

Der Kommanditist zahlte den sofort fälligen Teil seiner Einlage mit Eintritt in die KG. Nach Änderung des Gesellschaftsvertrages forderte die Geschäftsführung den Kommanditisten auf, den nun weiteren fälligen Teilbetrag zu zahlen. Dem kam der Kommanditist nicht nach und schied wenig später aus der KG aus. Ohne ein Schiedsgutachten einzuholen, nahm die KG den Kommanditisten daraufhin auf Zahlung des Gesamtbetrags der nicht geleisteten Einlage in Anspruch. Nachdem sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht zugunsten des Kommanditisten geurteilt hatten, ging die KG in Revision.

Das Urteil des BGH vom 05.04.2022 (Az. II ZR 30/21)

Dem BGH stellte sich die Frage, wie sich die Fälligkeitsbestimmungen im Gesellschaftsvertrag der KG auf das Vorliegen einer „rückständigen Einlage“ gemäß § 167 Abs. 3 HGB auswirkt. Anders als die Vorinstanzen entschied er, dass die Fälligkeitsregelung grundsätzlich nicht relevant sei. Infolgedessen könne der Gesamtbetrag der nicht geleisteten Einlage verlangt werden. Dennoch entschied der BGH, dass der Zahlungsanspruch der KG derzeit unbegründet sei, da nach dem Gesellschaftsvertrag zunächst ein Schiedsgutachten hätte eingeholt werden müssen, um die Höhe des Abfindungsanspruches endgültig festzulegen. Da dies unstreitig nicht erfolgt sei, könne gegenwärtig keine Zahlung verlangt werden.

Praxishinweis

Mit dem vorliegenden Urteil bestätigt der BGH zunächst seine bisherige Rechtsprechung zum Begriff der rückständigen Einlage und schafft damit weitere Rechtssicherheit: Bloße Fälligkeitsregelungen ändern nichts an deren Bestehen. Unabhängig hiervon, kann die Verlustbeteiligung eines Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag grundsätzlich abweichend geregelt werden. Bei Publikums-Kommanditgesellschaften, die zu Investitionszwecken eingesetzt werden, sind jedoch zusätzlich die Sonderregelungen des Kapitalanlagegesetzes (KAGB) zu beachten, das die Kommanditisten vor über die Einlageverpflichtung hinausgehenden Verlustbeteiligungen schützt.

Sodann betont der BGH eine Selbstverständlichkeit: Sofern der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft Vorgaben zur Berechnung von (positiven oder „negativen“) Abfindungen macht, so sind diese Vorgaben einzuhalten. Tut man es nicht, entzieht man einem ansonsten ggf. völlig legitimen Zahlungsverlangen die Grundlage. Diese Erkenntnis ist nicht auf die (Publikums-) KG beschränkt, sondern gilt für alle Gesellschaftsformen. Sie verpflichtet zum einen die (Gründungs-)Gesellschafter zur besonders sorgfältigen Gestaltung des ihre Rechtsbeziehungen bestimmenden Gesellschaftsvertrags und zum anderen potentielle neue Gesellschafter zur ebenso sorgfältigen Prüfung, auf was sie sich mit einem Einstieg einlassen. Nur so können böse Überraschungen verhindert werden.

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