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Die europäische Datenstrategie

Daten als immaterieller Wertgegenstand gewinnen zunehmend an Bedeutung für Unternehmen. Um einerseits den Zugang zu und damit die Nutzung von Daten zu fördern, andererseits die Verbraucher dabei zu schützen, hat die EU im Rahmen der europäischen Datenstrategie in den letzten zwei Jahren eine Reihe von Entwürfen für Verordnungen im Bereich Datenschutz und Künstliche Intelligenz veröffentlicht.

Regelungsziel

Ziel der geplanten Rechtsakte ist, dass die EU eine weltweite Führungsrolle im Bereich Daten und KI einnehmen soll und Verbraucher und Nutzer gleichermaßen vor „Datenriesen“ aus Nicht-EU-Ländern geschützt werden sollen. Dieses ambitionierte Ziel möchte die EU erreichen, indem sie möglichst wenig in Innovation und Fortschritt eingreift.

Überblick über die Verordnungsentwürfe

Für Unternehmen wird die Verordnung zur Data-Governance eine entscheidende Rolle spielen, die quasi ein „Schengen für Daten“ herstellen soll. Die Verordnung, deren Entwurf bereits seit November 2020 vorliegt, soll die gemeinsame Nutzung von Daten über sog. Datenintermediäre erleichtern und verhindern, dass Konzerne ihre Marktmacht weiter ausbauen, indem sie ihre Datenpools mit anderen Angeboten verknüpfen. Die Intermediäre stellen einen neutralen Marktplatz für Daten dar, der große Datensätze hostet und Dritten zur Verfügung stellt. Die Verordnung könnte bereits 2023 in Kraft treten.

Auch die EU-Verordnung Digital Markets Act soll die Macht großer Digitalfirmen (mindestens 6,5 Mrd. Umsatz pro Jahr im EU-Raum und mehr als 45 Mio. Endnutzer pro Monat) als sog. Gate Keeper limitieren, indem Gate Keeper kleineren Firmen Zugang zu Daten verschaffen und mit ihnen zusammenarbeiten müssen. Die Gatekeeper dürfen eigene Produkte auf ihren Plattformen nicht bevorzugen.

Verbraucher betrifft der EU Data Act und der Digital Service Act. Der EU Data Act soll Privaten den Zugang zu Informationen gewähren, die insbesondere bei der Nutzung smarter Maschinen und Produkte entstehen. Dies soll Nutzern ermöglichen, sich aus dem Ökosystem eines Anbieters einfacher lösen zu können. Der Digital Service Act enthält Vorschriften für alle vermittelnden Online-Dienste und soll die Entfernung illegaler Inhalte erleichtern und illegale Waren, Dienstleistungen und Inhalte im Internet bekämpfen.

Im Bereich KI veröffentlichte die EU im April 2021 den Vorschlag zu einer Verordnung, die gewährleisten soll, dass die in der EU in den Verkehr gebrachten und verwendeten KI-Systeme sicher sind und die Grundrechte von EU-Bürgern gewahrt werden. Der risikobasierte Ansatz unterteilt KI-Systeme in vier Risikogruppen und fordert bei Hochrisiko-KI-Systemen die Einhaltung bestimmter Transparenz- und Kontrollmaßnahmen.

Es ist davon auszugehen, dass im Rahmen der europäischen Datenstrategie auch die Verabschiedung der ePrivacy-Verordnung, die ursprünglich einmal gemeinsam mit der Datenschutz-Grundverordnung im Mai 2018 in Kraft treten sollte, wieder in den Fokus des europäischen Gesetzgebers rückt. Diese Verordnung soll den Datenschutzrechtsrahmen für elektronische Kommunikation in der EU vereinheitlichen und aktualisieren; der aktuelle Entwurf datiert aus Februar 2021.

Ausblick

Geschäftsmodelle insbesondere aus den USA und China zeigen, dass es dabei im Kontext von „Big Data“ v.a. darum geht, dass Daten möglichst ohne Hürden gesammelt, verwertet und verkauft werden dürfen. Die EU möchte den Wettbewerbsvorteil, der den beiden Ländern insoweit zugeschrieben wird, auflösen und europäische Firmen aus bestehenden Abhängigkeiten befreien. Vor dem Hintergrund der Schrems-Urteile des EuGH und den Entscheidungen z.B. der österreichischen und französischen Datenschutzbehörden zu rechtswidrigen Drittstaatentransfers im Zusammenhang mit Google Analytics ist die intendierte Stärkung „europäischer Daten“ grundsätzlich zu begrüßen – wobei zugleich zu hoffen bleibt, dass die zunehmende Regulierung von (nicht nur personenbezogenen) Daten nicht zu einer gesteigerten Rechtsunsicherheit führt und es für Unternehmen unattraktiv wird, sich datengetriebenen Geschäftsmodellen zuzuwenden.

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