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Bauvertrag kann nicht per E-Mail gekündigt werden

Ein Bauvertrag muss schriftlich gekündigt werden. Die Übermittlung eines Kündigungsschreibens per E-Mail reicht nicht aus (OLG München, Beschluss vom 3. Februar 2022, Az. 28 U 3344/21).

Der Fall

Dem Beschluss des OLG München liegt folgender Sachverhalt zugrunde: In einem Bauvertrag, der nach dem 31. Dezember 2017 abgeschlossen war, wurde die VOB/B vereinbart. Schon während des Bauvorhabens kam es zwischen dem Auftraggeber und der Baufirma zu einem Streit über Mängel, der in einem Strafverfahren wegen Nötigung zulasten des Geschäftsführers der Baufirma endete. Es schloss sich ein Zivilprozess über Werklohn an, wobei zwischen den Parteien streitig war, ob der Auftraggeber den Vertrag wirksam gekündigt hatte. Er hatte lediglich eine E-Mail übermittelt, der ein PDF-Dokument mit der unterschriebenen Kündigungserklärung angehängt war. Das OLG verneint eine wirksame Kündigung und hält das Urteil der ersten Instanz aufrecht, die dem Auftragnehmer den begehrten Werklohn zugesprochen hatte. Eine Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH wurde zurückgenommen (Az. VII ZR 43/22).

Die Folgen

In einem Bauvertrag, in dem die Geltung der VOB/B vereinbart wurde, hat die Kündigung schon gemäß § 8 Abs. 6 VOB/B schriftlich zu erfolgen. Die VOB/B ist indes kein Gesetz, sondern muss vertraglich vereinbart werden und wird rechtlich wie eine allgemeine Geschäftsbedingung behandelt. Das Schriftformgebot gilt daher nicht aus einem Gesetz, sondern lediglich als vertraglich vereinbart – „gewillkürt“. Die so vereinbarte Schriftform wird vom Gesetzgeber gemäß § 127 Abs. BGB etwas weniger streng behandelt als die gesetzliche Schriftform (§ 126 BGB). Gemäß § 127 Abs. 2 BGB reicht zum Beispiel die telekommunikative Übermittlung aus, wenn nicht ein anderer Wille der Parteien anzunehmen ist. Nach allgemeiner Auffassung würde es zur Wahrung der Schriftform hier dann wohl ausreichen, wenn ein unterschriebenes Kündigungsschreiben per Fax oder E-Mail übersendet wird. Nunmehr gilt aber durch das sogenannte neue Werkvertragsrecht seit dem 1. Januar 2018 zwingend gemäß § 650h BGB für den Bauvertrag eine gesetzliche Schriftform, die durch Übermittlung per Fax oder E-Mail nicht gewahrt wird. Sie verlangt vielmehr, dass das Kündigungsschreiben im Original mit Unterschrift oder ein elektronisch signiertes Dokument übersendet wird.

Was ist zu tun?

Das Urteil überrascht angesichts der klaren Rechtslage nicht. Dennoch ist § 650h BGB, dessen Schutzzwecke Rechtssicherheit, Beweissicherung und Schutz vor übereiltem Handeln sind, weitgehend unbekannt bzw. unbeachtet. Die Schriftform für die Kündigung gilt über § 650q BGB zudem für den Architekten- oder Ingenieurvertrag und nach § 650j Abs. 3 BGB für den Verbraucherbauvertrag.

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