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Ein Architekt hat das Budget des Bauherrn zu erfragen

Ein Architekt muss den wirtschaftlichen Rahmen des privaten Bauherrn klären und ihn nach seinen Vorstellungen fragen. Dies gilt nach einem Urteil des OLG Nürnberg (6 U 521/17).

Der Fall

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger beauftragte im Jahr 1996 (sic!) einen Architekten mit dem Umbau und der Erweiterung seines Privathauses. In einer vom Architekten selbst erst im Prozessverlauf als „sehr grob“ bezeichneten Kostenschätzung wurden 386.400 DM genannt. Diese Summe lag innerhalb des maximalen Kostenrahmens des Auftraggebers von 400.000 DM. Die endgültigen Baukosten hätten nach vollständiger Fertigstellung mindestens 555.489 DM betragen. Ob über den Kostenrahmen des Bauherrn gesprochen wurde, blieb streitig. Das LG und das OLG Nürnberg nahmen zulasten des Architekten an, dass er seine vertragliche Pflicht verletzt hat, insbesondere bei Privatleuten die Kostenvorstellung des Bauherrn zu klären. Sie sprechen dem Auftraggeber Schadenersatz zu. Der Architekt hätte zudem darüber aufklären müssen, dass die Kostenschätzung nur grob gewesen sei.

Die Folgen

Der Architekt schuldet Schadenersatz, hält das OLG fest. Eine Nichtzulassungsbeschwerde weist der BGH im Dezember
2021 zurück (Az. VII ZR 224/19). Entgegen der ursprünglichen Klage berechnet sich der Schadenersatz indes nicht aus den Mehrkosten, sondern aus dem Vergleich der Vermögenslage mit bzw. ohne die Pflichtverletzung des Architekten unter Berücksichtigung eines möglichen Vorteilsausgleichs. Den Vermögensunterschied erkennen die Gerichte im Wesentlichen in den Zinsen, die für die Darlehen angefallen sind, die das ursprüngliche Budget übersteigen. Für den Vorteilsausgleich kommt in Betracht, dass die Möglichkeit zur Nutzung einer größeren Fläche besteht und die Immobilie im Wert gestiegen ist. Hierfür ermittelt das OLG zunächst die Baumaßnahme, die der Kläger bei ordnungsgemäßer Kostenberatung wohl noch vorgenommen hätte. Dieser werden dann die Mehrflächen gegenübergestellt, die sich aus der tatsächlichen, zu teuren Baumaßnahme ergeben haben. Der Wertzuwachs, der sich aus der nutzbaren Mehrfläche ergibt, wird indes nur teilweise angerechnet, da der Bauherr wegen der zusätzlich erforderlichen Darlehen in seinem persönlichen Lebenszuschnitt erheblich beeinträchtigt und eine volle Anrechnung „aus der Sicht des Gerichts nicht angemessen“ sei.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung steht in ihrem Ausgang ausdrücklich in der Linie des Urteils des BGH vom 21. März 2013 (Az. VII ZR 230/11). Allen Architekten muss bewusst sein, welche Bedeutung die Klärung der Kostenfrage hat und dass damit ein Haftungsrisiko verbunden ist. Die im konkreten Fall doch recht weitgehenden Billigkeitserwägungen bei der Ermittlung des Schadens des Bauherren sind eine zusätzliche Mahnung.

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