

Suche nach „coolen Typen" in Stellenausschreibung stellt keine Diskriminierung dar
Das ArbG Koblenz (09.02.2022 – 7 Ca 22291/21) hat entschieden, dass die Suche nach „coolen Typen“ in einer Stellenausschreibung grundsätzlich geschlechtsunspezifisch ist. Erst dann, wenn weitere Indizien hinzutreten, sei eine Diskriminierung wegen des Geschlechts möglich. Auch eine Altersdiskriminierung liege nicht vor.
Sachverhalt
Dem Urteil des ArbG Koblenz liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien streiten um Entschädigungsansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Die Klägerin, ihrem biologischen Geschlecht nach ein Mann, betreute gemeinsam mit der Beklagten die Sanierung eines Hauses und war hierbei als selbstständige Handwerkerin für den Bereich Elektrotechnik verantwortlich. Die Beklagte war ihrerseits mit den Gewerken Heizung und Sanitär beauftragt. Am 10.01.2021 veröffentlichte die Beklagte im Internet eine Stellenanzeige mit folgendem Einleitungstext: „Wir suchen coole Typen – Anlagenmechaniker – Bauhelfer…“. Die Stellenausschreibung bewarb sich die Klägerin und schloss die Bewerbung mit den Worten „Freundliche Grüße Frau Markus …“. Der Geschäftsführer der Beklagten leitete die Bewerbung an die gemeinsame Kundin per WhatsApp weiter mit dem Kommentar „Was läuft da nur falsch“ sowie einem Smiley mit heruntergezogenen Mundwinkeln. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Entschädigungsansprüche wegen Alters- und sexueller Diskriminierung sowie wegen Weitergabe ihrer Bewerbung an Dritte geltend und beantragte die Beklagte zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von mindestens EUR 10.250 zu verurteilen. Das Arbeitsgericht Koblenz sprach der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von EUR 6.000 zu und wies die Klage im Übrigen ab.
Entscheidungsgründe
Nach Ansicht des Arbeitsgerichts Koblenz habe die Beklagte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG verstoßen. Zwar liege eine Altersdiskriminierung nicht vor, wenn die Beklagte in ihrer Stellenausschreibung Anführungszeichen „coole“ Typen suche. Bei dem Wort „cool“ handele es sich um einen mittlerweile eingebürgerten und in der allgemeinen Kommunikation gängigen Begriff, der weder ausschließlich oder typischerweise nur von jüngeren Personen benutzt noch umgekehrt ausschließlich oder hauptsächlich auf jüngere Personen angewendet werde. Cool könnten Personen, Verhaltensweisen, Ereignisse oder sonstige Umstände sein. Der Begriff diene der saloppen Bezeichnung einer besonders gelassenen, lässigen, nonchalanten, kühlen, souveränen, kontrollierten, nicht nervösen Geisteshaltung oder Stimmung sowie der Kennzeichnung besonders positiv empfundener, den Idealvorstellungen entsprechender Sachverhalte. Einen Altersbezug weise er nicht auf.
Soweit die Beklagte coole Typen suche, sei der Begriff Typ grammatikalisch zwar ein maskulines Substantiv, inhaltlich jedoch geschlechtsunspezifisch. Eine feminine Form des Wortes existiere in der deutschen Sprache nicht und werde im allgemeinen Sprachgebrauch auch nicht verwendet. Gleichwohl legten die auf den Begriff „Typ“ folgenden Wörter „Anlagenmechaniker“ und „Bauhelfer“ nahe, dass die Beklagte tatsächlich männliche Typen suche. Damit liege eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vor. Ausweislich der Stellenausschreibung suche die Beklagte „Anlagenmechaniker“ und „Bauhelfer“. Sie verwende damit ausschließlich die maskuline Form, was darauf hindeute, dass sie sich auch nur an Männer und nicht an Personen anderen Geschlechts richten wolle. Dies stelle ein Indiz für eine geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung dar. Die Klägerin gehöre aus biologischer Sicht zwar dem männlichen Geschlecht an, fühle sich jedoch diesem Geschlecht nicht mehr zugehörig, sondern identifiziere sich mit dem „Gegengeschlecht“.
Der Europäische Gerichtshof beschränke den Diskriminierungsschutz insofern nicht auf Diskriminierung wegen der Zugehörigkeit zum einen oder anderen Geschlecht, sondern erstrecke ihn auf transsexuelle Personen, denen gemeinschaftsrechtlich geschützte Ansprüche wegen fehlender Anerkennung ihrer neuen Geschlechtszugehörigkeit versagt würden. Die Klägerin sei im gesamten Verfahren als Frau Markus aufgetreten und habe von Beginn an gewünscht, so angesprochen und angeschrieben zu werden. Auch in ihrer Bewerbung an die Beklagte führe sie ausschließlich die feminine Form an. Die Bewerbung sei zudem mit der Unterschrift Frau Markus unterzeichnet. Dem Selbstbestimmungsrecht der Klägerin sei Rechnung zu tragen und ihre selbst empfundene geschlechtliche Identität als Frau rechtlich anzuerkennen. Die Benachteiligung der Klägerin erfolgte „wegen des Geschlechts“. Eine Mitursächlichkeit des Geschlechts für die Diskriminierung sei insofern für den erforderlichen Kausalzusammenhang ausreichend. Zudem sei zu beachten, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung § 22 AGG für den Rechtsschutz bei Diskriminierung eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vorsehe, wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweise, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Ein klares Indiz sei vorliegend die ausschließlich an Männer gerichtete Stellenausschreibung der Beklagten. Auch die Weiterleitung der Bewerbung durch den Geschäftsführer der Beklagten via WhatsApp an Dritte weise eine gewisse Indizwirkung auf, da sie unzweifelhaft als negative Aussage auf den Umstand bezogen werden dürfte, dass die Bewerbung der Klägerin von „Frau Markus“ stamme. Insofern trage die Beklagte die volle Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorgelegen habe. Dieser Beweislast habe sie nicht genügt. Ein Mangel an Ernsthaftigkeit der Bewerbung der Klägerin sei nicht zu erkennen. Ferner lägen keine Rechtfertigungsgründe für den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vor. Die Entschädigungssumme setzte das Gericht aus EUR 5.000 – gerundet 1,5 Monatsgehälter der ausgeschrieben Stelle – für die Benachteiligung sowie weiteren EUR 1.000 für den Persönlichkeitsrechts-/Datenschutzverstoß zusammen.
Hinweis für die Praxis
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Koblenz zeigt einmal mehr, dass im Rahmen der Formulierung von Stellenausschreibungen stets höchste Vorsicht geboten ist. Ob die Entscheidung von einer höheren Instanz im Hinblick auf die Feststellung „Coole Typen“ stelle keine Diskriminierung wegen des Geschlechts dar, kann durchaus kritisch hinterfragt werden. Hervorzuheben ist ferner, dass das Arbeitsgericht Koblenz von der Auseinandersetzung mit datenschutzrechtlichen Vorschriften explizit absieht (Rn. 47: „von den datenschutzrechtlichen Vorschriften wie §§ 26, 83 BDSG einmal abgesehen“) und die Frage des Unterschieds von einem „gleichbehandlungsrechtlichen“ und einem „datenschutzrechtlichen Persönlichkeitsrechtsverstoß“ umschifft. Ob andere Arbeitsgerichte oder höhere Instanzen ebenfalls „nur“ EUR 1.000 für die Dritten gegenüber unter Weitergabe von personenbezogenen Daten kundgetane Diskriminierung aussprechen, kann zumindest bezweifelt werden.
25. Mai 2022