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Kündigungsschutzklage eines Gesellschafterarbeitnehmers mit Sperrminorität

Das LAG Köln hat mit Beschluss vom 12.11.2021 (Az.: 9 Ta 161/21) in einer Einzelfallentscheidung festgestellt, dass die Rechtswegzuständigkeit zu den Arbeitsgerichten auch für die Kündigungsschutzklage eines Gesellschafterarbeitnehmers mit Sperrminorität gegeben sein kann.

Sachverhalt

Dem Beschluss des LAG Köln liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war zunächst Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten, die eine Steuerberatungsgesellschaft betreibt. Durch notarielle Beurkundung des Geschäftsanteilskaufvertrages vom 27.07.2020 hat der jetzige Geschäftsführer der Beklagten 75% der Geschäftsanteile der Beklagten übernommen. Der Kläger hält seitdem 25% der Geschäftsanteile. Unter dem 27.07.2020 schloss der Kläger mit der Beklagten zudem einen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Steuerberater. Nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger in der Folgezeit fristlos, hilfsweise fristgemäß gekündigt hatte, erhob der Kläger Kündigungsschutzklage und rügte im Wesentlichen Verstöße gegen den Gesellschaftsvertrag und die fehlende Berechtigung des Geschäftsführers aus dem Geschäftsführer-Anstellungsverhältnis, ihm zu kündigen.

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten verneint und den Rechtsstreit an das Landgericht – Kammer für Handelssachen – verwiesen. Der hiergegen erhobenen sofortigen Beschwerde des Klägers hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen. Das LAG Köln sah die sofortige Beschwerde als begründet an.

Entscheidungsgründe

Nach Ansicht des LAG sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten zulässig.

Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses stehe nicht entgegen, dass der Kläger Minderheitsgesellschafter der Beklagten sei. Auch Gesellschafter könnten in einem Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft stehen, solange sie als Kapitaleigner oder auf Grund einer Sperrminorität keinen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft haben, dass sie nicht dem Weisungsrecht des Geschäftsführers unterliegen.

Vorliegend können zwar Beschlüsse der Gesellschafter gemäß § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages nur einstimmig gefasst werden. Auch sei seine Entlassung nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Buchst. k des Gesellschaftsvertrages nur mit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung zulässig. Und zu Kündigungen sei der Geschäftsführer E nach seinem Anstellungsvertrag nur nach der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit einer Beschlussmehrheit von 85% der abgegebenen Stimmen berechtigt. Dies ändere jedoch nichts daran, dass der Kläger in all den Fällen, in denen der Geschäftsführer nicht gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG in seiner Geschäftsführungsbefugnis beschränkt sei, als Arbeitnehmer gemäß § 106 GewO dessen Weisungen zu folgen hatte und bei Nichtbefolgung mit einer Kündigung rechnen musste. Denn der Kläger sei gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG bei einem Beschluss, der die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand habe, nicht stimmberechtigt.

Entscheidend sei jedoch, dass der Kläger keine Weisungsbefugnis gegenüber dem Geschäftsführer gehabt habe. Denn als Minderheitsgesellschafter habe er den Geschäftsführer der Beklagten nicht dazu anhalten können, ihm bestimmte Weisungen zu erteilen oder solche zu unterlassen.

Hinweise für die Praxis

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Arbeitnehmer einer Gesellschaft Geschäftsanteile halten, ohne ihre Arbeitnehmereigenschaft zu verlieren.

Hat jedoch ein Gesellschafter als Kapitaleigner einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich auch über die Leitungsmacht verfügt, unterliegt er nicht dem Weisungsrecht des Geschäftsführers. Deshalb kann der Gesellschafter einer GmbH, dem mehr als 50% der Stimmen zustehen, auch dann kein Arbeitnehmer dieser Gesellschaft sein, wenn er nicht Geschäftsführer ist (BAG, Beschluss vom 17.09.2014 – 10 AZB 43/14 – juris; siehe auch BAG, Urt. v. 06.05.1998 – 5 AZR 612/97 – juris).

Auch der Minderheitsgesellschafter ist bei Bestehen einer Sperrminorität im Regelfall kein Arbeitnehmer (BAG, Beschluss vom 17.09.2014 – 10 AZB 43/14 – juris). Maßgeblich ist jedoch die Frage, ob dem Gesellschafter durch Regelungen des Gesellschaftsvertrages über die Stimmverteilung auch eine für sein Beschäftigungsverhältnis relevante Sperrminorität zusteht. Vorliegend war relevant, dass der Kläger zwar Minderheitsgesellschafter war, aber für das Beschäftigungsverhältnis relevante Weisungen an sich selbst nicht verhindern konnte.

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