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Kündigung aufgrund nachlässigen Umgangs mit sensiblen Daten

Dem Landesarbeitsgericht Sachsen (07.04.2022 – 9 Sa 250/21) zufolge kann ein wiederholt nachlässiger Umgang u.a. mit sensiblen Kundendaten zur Kündigung führen.

Sachverhalt

Dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachen liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war bei der Beklagten als Kreditsachbearbeiterin Baufinanzierung mit dem Schwerpunkt Beratung tätig. Am Arbeitsplatz der Klägerin bestand die Arbeitsanweisung „Procedure zur Informationssicherheit am Arbeitsplatz und Clean Desk Policy“. Die Anweisung diente dem Schutz sensibler Daten vor dem Zugriff Dritter und schrieb u.a. vor, „schützenswerte Akten, Datenträger oder Hardware mit Informationen ordnungsgemäß wegzuschließen […], wenn der Arbeitsplatz verlassen wird oder unbeaufsichtigt ist“. Ferner sollten „Ausdrucke mit vertraulichem Inhalt und Datenträger nicht offen liegen gelassen“, sondern „in eine Schublade, einen Schrank oder dergleichen gesperrt werden“. Am 22.07.2020 wurde der Klägerin eine Abmahnung ausgehändigt, da sie an drei unterschiedlichen Tagen im Juni 2020 sensible Daten, wie Kreditakten und ausgedruckte E-Mails offen in ihrem Büro liegen ließ. Auf der Schreibtischunterlage der Klägerin waren zudem Hauptdarlehensnummern von Kunden offen sichtbar vermerkt. Ferner war Datenmüll nicht ordnungsgemäß entsorgt worden. Im November 2020 fand sodann bei der Beklagten ein Umzug in neue Räumlichkeit statt. Während des Umzugs stellte die Beklagte fest, dass im Büro der Klägerin Markt- und Beleihungswertermittlungen sowie Prüfbögen der Qualitätssicherung mit den jeweiligen Kundendaten unverschlossen auf dem Schreibtisch lagen. Auf den Unterlagen waren auch Kundendaten vermerkt. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich auf Ende Februar 2021.

Die erste Instanz gab der Klage mit der Begründung statt, die bei der verhaltensbedingten Kündigung zu beachtende Prognose sei nicht negativ zu bewerten, die Pflichtverletzung nicht erheblich und die Beklagte habe nicht davon ausgehen dürfen, dass eine weitere Kündigungsandrohung nicht zu einer Änderung des Verhaltens geführt haben würde.

Entscheidungsgründe

Das LAG Sachsen gab der Berufung der Beklagten statt und erachtete die Kündigung für wirksam. Das Verhalten der Klägerin rechtfertige eine negative Zukunftsprognose. Die anhaltenden Pflichtverletzungen resultierten aus der Nichteinhaltung der Arbeitsanweisung in Form der Clean Desk Policy. Die Klägerin habe Unterlagen mit sensiblen Daten auf ihrem Schreibtisch verwahrt bzw. diese nicht in ihrer Schublade verschlossen, während sie sich selbst nicht im Büro aufhielt. Hiermit verkenne die Klägerin die Wichtigkeit des Schutzes von sensiblen Daten. Vor allem die Abmahnungen vom 22.07.2020 enthalte den erforderlichen Warnhinweis und zeige der Klägerin auf, dass sie mehrfach gegen die Clean Desk Policy verstoßen habe. Die Abmahnungen der Pflichtenverstöße seien wirksam. Die letztlich zur Kündigung führenden Verstöße gegen die Datenschutzvorgaben seien erheblich. Die verhaltensbedingte Kündigung aufgrund wiederholter Verletzung der Hauptleistungspflicht sozialgerechtfertigt und wirksam.

Hinweise für die Praxis

Nicht erst seit der DSGVO sind Sanktionen datenschutzrechtlicher Verstöße ein stetes Damoklesschwert für den Verarbeitenden. Der Arbeitgeber hat vor diesem Hintergrund hohes Interesse daran, dass in seinem Unternehmen Daten durch die Belegschaft ordnungsgemäß verarbeitet und geschützt werden. Um die Pflichten zu konkretisieren, bietet sich daher eine Weisung in Form einer Policy an, wie sie die Beklagte vorhielt. Denn die Verantwortlichkeit für den Datenschutz im Rahmen der Verarbeitung von Daten Dritter bzw. Kunden und Geschäftspartner liegt primär beim Arbeitgeber. Insofern ist es aber auch nur konsequent, Arbeitnehmern, die wiederholt gegen entsprechende Weisungen verstoßen, nach Hinweis auf den Pflichtenverstoß und Androhung arbeitsrechtlicher Maßnahmen im Wiederholungsfall auch kündigen zu können. Entsprechende Vorgänge sollten durch Arbeitgeber lückenlos dokumentiert werden, um die Wirksamkeit der Kündigung im Ergebnis nicht zu gefährden.

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