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Keine Mitbestimmung des Betriebsrats bei festgelegten Raucherpausen

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Beschluss vom 29.03.2022 – 5 TaBV 12/21 entschieden, dass die Anordnung einer Arbeitgeberin, dass Rauchen nur in den festgelegten Pausen gestattet ist, regelmäßig nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegt, da die Anordnung die Einhaltung der Arbeitszeit sicherstellen soll und somit nicht das Ordnungsverhalten, sondern das Arbeitsverhalten betrifft.

Sachverhalt

Dem Beschluss des LAG Mecklenburg-Vorpommern liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beteiligten streiten über die Mitbestimmungspflichtigkeit einer arbeitgeberseitigen Anweisung, nach der Rauchen nur in den Pausen gestattet ist.

Die Arbeitgeberin, ein Logistikdienstleister in einem Seehafen, vereinbarte mit dem Betriebsrat am 01.09.2011 eine Betriebsordnung, in der u.a. geregelt war, dass für das gesamte Betriebsgelände der Seehafen A-Stadt GmbH ein generelles Rauchverbot bestehe. Das Rauchen sei ausdrücklich nur auf den dafür ausgewiesenen Plätzen (Raucherinseln) gestattet.

Nachdem es im Jahr 2020 bei mehreren holzverarbeitenden Unternehmen in der Nachbarschaft des Seehafens zu Bränden kam, gab die Arbeitgeberin sodann im November 2020 Verhaltensmaßregeln für das Betriebsgelände des Seehafens heraus. Darin war unter anderem bestimmt, dass das Rauchen ausschließlich auf den „Raucherinseln“ und ausschließlich in der tariflich vorgeschriebenen Pause gestattet sei.

Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, dass die Betriebsordnung aus dem Jahre 2011 hinsichtlich des Rauchens nur regele, wo geraucht werden dürfe, nicht aber wann Rauchen erlaubt sei. Die weitergehende Anweisung in den Verhaltensmaßregeln aus November 2020 bedürfe deshalb der Zustimmung des Betriebsrats.

Das Arbeitsgericht hat den vom Betriebsrat geltend gemachten Unterlassungsanspruch zurückgewiesen. Die hiergegen vom Betriebsrat erhobene Beschwerde vor dem LAG blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe

Nach Ansicht des LAG habe die Arbeitgeberin mit der Anordnung, dass Rauchen ausschließlich in der tariflich vorgesehenen Pause gestattet sei, kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt.

Gegenstand des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sei das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dagegen seien Regelungen und Weisungen, welche die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren – sog. Arbeitsverhalten – nicht mitbestimmungspflichtig.

Die Anordnung der Arbeitgeberin, dass Rauchen nur in den Pausen, also außerhalb der Arbeitszeit, gestattet sei, betreffe ausschließlich das Arbeitsverhalten. Die Regelung diene nicht der Koordinierung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer. Sie sei ausschließlich auf die Einhaltung der Arbeitszeiten gerichtet. Während des Rauchens könnten die Arbeitnehmer des Seehafens grundsätzlich keine Arbeitsleistung erbringen. Rauchen außerhalb der vorgesehenen Pausen stelle eine Unterbrechung der Arbeitstätigkeit dar. Die Arbeitgeberin sei nicht verpflichtet, solche Arbeitsunterbrechungen zu dulden. Vielmehr hätten die Arbeitnehmer während der festgelegten Arbeitszeiten ihre Arbeitsleistung zu erbringen.

Hinweise für die Praxis

Der Beschluss des LAG Mecklenburg-Vorpommern steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Dem Betriebsrat kommt nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein zwingendes Mitbestimmungsrecht in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb zu. Das Mitbestimmungsrecht dient der Begrenzung des Direktions- und Organisationsrechts des Arbeitgebers und soll die Arbeitnehmer in Anbetracht ungleicher Vertragsparitäten schützen (BAG, Beschluss vom 24.02.1987 – 1 ABR 18/85).

Da Gegenstand der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die Gestaltung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer im Betrieb ist, sind Maßnahmen des Arbeitgebers, die sich ausschließlich auf die arbeitsvertragliche Leistungsverpflichtung der Arbeitnehmer beziehen und somit das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer betreffen, mitbestimmungsfrei (BAG, Beschluss vom 11.06.2002 – 1 ABR 46/01).

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