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Kein Anspruch auf Herausgabe von Arbeitnehmerlisten zur Durchführung einer Wahlversammlung

Das Arbeitsgericht Berlin hat in seiner Entscheidung vom 26. August 2022 (41 BVGa 7430/22) im einstweiligen Rechtsschutz entschieden, dass Wahlinitiatoren in einem betriebsratslosen Betrieb keinen Anspruch auf Herausgabe von Arbeitnehmerlisten gegen den Arbeitgeber haben, um eine Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes durchzuführen.

Sachverhalt

Dem Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Antragsteller waren fünf Arbeitnehmer/innen, die zu einer Betriebsversammlung eingeladen hatten und eine Betriebsratswahl veranlassen wollten. Der Antrag auf Herausgabe der Arbeitnehmerlisten richtete sich gegen drei Arbeitgeberinnen, die einen „On-Demand“-Lieferservice für Lebensmittel betreiben. Die Antragsteller/innen vertreten die Ansicht, dass ein gemeinsamer Betrieb der drei Arbeitgeberinnen vorliegt, für den auch ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt werden könne. Die Arbeitnehmerlisten seien erforderlich, um eine Prüfung der Teilnahmeberechtigung zur Betriebsversammlung durchzuführen, da ansonsten das Risiko bestehe, dass Unbefugte an der Wahl des Wahlvorstandes teilnehmen. Dies führe zu einer Anfechtbarkeit der späteren Betriebsratswahl. Die Arbeitgeberinnen lehnten die Herausgabe der Arbeitnehmerlisten ab. Aus ihrer Sicht bestünde bereits kein Gemeinschaftsbetrieb und es bestehe auch keine gesetzliche Anspruchsgrundlage für das Begehren. Eine Erforderlichkeit der Listen zur Durchführung der Wahlversammlung sei ebenfalls nicht gegeben. Nur ein bereits gewählter Wahlvorstand habe Anspruch auf entsprechende Listen. Zudem spräche auch der gesetzliche Datenschutz gegen eine Herausgabe der Informationen.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht sah keine gesetzliche Regelung, auf die sich der Anspruch auf Herausgabe der Arbeitnehmerlisten hätte stützen können und wies den Antrag ab. Der Gesetzgeber habe in § 2 Abs. 2 WO nur für bereits gewählte Wahlvorstände Informationsansprüche eingeräumt. Diese Regelung könne aber nicht auf den zugrunde liegenden Fall übertragen werden. Es fehle an einer unbewussten Gesetzeslücke.

Praxishinweis

Mit Blick auf den Entstehungsprozess eines Betriebsrats stellt die Wahlordnung sowie das Betriebsverfassungsgesetz Regelungen zur Verfügung. Für das frühe Stadium der Betriebsratswahl, in dem noch kein Wahlvorstand existiert, können allerdings nur vereinzelt Vorschriften herangezogen werden.

Die vorliegende Entscheidung zeigt, dass sich ein konkretes Interesse in der Belegschaft manifestiert haben muss, um Ansprüche gegen den Arbeitgeber geltend machen zu können. Das gemeinschaftliche Interesse an der Wahl eines Betriebsrats wäre dann nachweislich gegeben, wenn die Belegschaft bereits einen Wahlvorstand gewählt hat. Antragssteller war vorliegend aber eine Gruppe aus fünf Arbeitnehmern, die lediglich zu einer Betriebsversammlung eingeladen hatte. Hieraus folgt nicht zwangsläufig, dass die Betriebsversammlung auch stattfindet und ein Wahlvorstand/Betriebsrat gewählt wird. Ein schützenswertes Interesse ist hierin noch nicht zu sehen. Auch existiert keine unter den Arbeitnehmern zu differenzierende „Teilnahmeberechtigung“ für die Betriebsversammlung. Für die Wahl des Wahlvorstandes ist es unschädlich, wenn auch nicht wahlberechtigte Personen an der Betriebsversammlung oder an der Wahl selbst teilgenommen haben, sofern sie denn Arbeitnehmer des Betriebs sind.

Lassen Sie also zuvor stets prüfen, ob Ihr Mitwirken im Vorfeld zur Betriebsratswahl gesetzlich vorgesehen ist, bevor Sie bei der Entstehung eines Betriebsrats unbedacht unterstützen.

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