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Fristlose Kündigung wegen Drohungen gegen Vorgesetzten

Kündigt ein Arbeitnehmer einer Kollegin gegenüber glaubhaft an, er beabsichtige seinen Vorgesetzten aus dem Fenster zu schmeißen und er sei kurz vorm Amoklauf, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das hat das Arbeitsgericht Siegburg jüngst entschieden.

Sachverhalt

Dem Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war bei der beklagten Stadt seit über 13 Jahren in der Buchhaltung beschäftigt. Nach einer Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten äußerte der Kläger gegenüber einer Kollegin über diesen: „Diesen kleinen Wicht schmeiße ich aus dem Fenster. Ich lasse mir das nicht länger gefallen. Ich bin kurz vorm Amoklauf. Ich sage dir, bald passiert was. Der lebt gefährlich, sehr gefährlich.“

Der Arbeitgeber kündigte dem Kläger hierauf am 28.12.2020 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30.06.2021. Hiergegen erhob er Kündigungsschutzklage.

Entscheidungsgründe

Mit Urteil vom 04.11.2021 (5 Ca 254/21) wies das Arbeitsgericht Siegburg die Klage ab. Die fristlose Kündigung sei nach Vernehmung der Kollegin als Zeugin gerechtfertigt. Der wichtige Kündigungsgrund liege nach Auffassung der Kammer darin, dass der Kläger in ernstzunehmender Art und Weise gegenüber seiner Kollegin Äußerungen getätigt habe, die sowohl die Ankündigung für eine Gefahr von Leib und Leben des Vorgesetzten als auch die Ankündigung eines Amoklaufs beinhaltet hätten. Der Kläger habe die Drohung nach Überzeugung des Gerichts absolut ernst gemeint. Eine vorherige Abmahnung sei in derartigen Fällen entbehrlich. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei dem Arbeitgeber überdies nicht zuzumuten.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Hinweis für die Praxis

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg deckt sich mit der Linie des BAG. Dieses hatte 2017 entschieden, dass die ernstliche Drohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben des Arbeitgebers, von Vorgesetzten und/oder Arbeitskollegen, für die kein allgemeiner Rechtfertigungsgrund eingreift, eine erhebliche Verletzung der Nebenpflicht des Arbeitnehmers aus § 241 Abs. 2 BGB darstelle. Hiernach habe der Arbeitnehmer auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Eine solche ernstliche Drohung könne eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Eine derartige Drohung liegt dann vor, wenn die Äußerung nach ihrem sorgfältig zu ermittelnden Erklärungsgehalt objektiv geeignet sei, bei einem „normal“ empfindenden Menschen den Eindruck der Ernstlichkeit zu erwecken, und der Wille des Drohenden darauf gerichtet ist, dass der Adressat die Drohung ernst nimmt. Nicht entscheidend ist, ob der Drohende seine Ankündigung verwirklichen kann oder will (vgl. BAG 29.6.2017 – 2 AZR 47/16).

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