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Erteilung ordnungsgemäßer Lohnabrechnungen

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 05.04.2022 – 5 Sa 282/21 entschieden, dass im Falle einer Nachzahlung von Arbeitsentgelt ein Arbeitnehmer nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO nicht die Berichtigung der bereits erteilten Abrechnungen beanspruchen kann, sondern nur eine eigene Abrechnung über die Nachzahlung.

Sachverhalt

Dem Urteil des LAG liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien streiten über die Erteilung ordnungsgemäßer Gehaltsabrechnungen. In den Verdienstabrechnungen der Klägerin wies die Beklagte zuletzt eine Vergütung nach einer Tarifart aus, die nach verschiedenen Gehaltsbestandteilen (Grundgehalt, Ortszuschlag, OZ Ehegattenanteil, monatliche Zulage und allgemeine Zulage) aufgeschlüsselt war. Aufgrund einer zwischen den Parteien im Februar 2020 geschlossenen Vereinbarung sollte die Klägerin rückwirkend ab 01.05.2019 nur noch ein erhöhtes Grundgehalt erhalten. In den Verdienstabrechnungen ab März 2020 rechnete die Beklagte weiterhin nach den früheren Gehaltsbestandsteilen ab und bezeichnete den Differenzbetrag zu dem erhöhten Grundgehalt in der Abrechnung als „Zulage 1“. Erstmalig mit der Verdienstabrechnung für den Monat April 2021 wies die Beklagte das erhöhte Grundgehalt aus, ohne dieses in die früheren Gehaltsbestandsteile aufzusplitten.

Nachdem das Arbeitsgericht erstinstanzlich die Beklagte verurteilt hatte, der Klägerin korrigierte Gehaltsabrechnungen zu erteilen, hatte die Beklagte mit ihrer Berufung vor dem LAG nur teilweise Erfolg.

Entscheidungsgründe

Das LAG hat ausgeführt, dass § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO im Falle von Nachzahlungen keinen Anspruch auf „Berichtigung“ bereits erteilter Abrechnungen gewähre, sondern nur einen Anspruch auf eine eigene Abrechnung über die Nachzahlung.

Die Beklagte habe die Abrechnungen für die Monate Mai 2019 bis einschließlich Februar 2020 bei Zahlung der jeweiligen Arbeitsentgelte ordnungsgemäß erteilt. Der Anspruch der Klägerin aus § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO sei damit erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Angaben in den Abrechnungen seien zum Zeitpunkt der Gehaltszahlung korrekt gewesen. Im Falle einer Nachzahlung seien die früheren Abrechnungen nicht im Nachhinein zu ändern.

Für die Monate März 2020 bis einschließlich März 2021 gelte dies jedoch nicht. Die Klägerin habe zwar Abrechnungen erhalten. Diese würden jedoch nicht den tatsächlich geleisteten Zahlungen entsprechen.

Aus der Abrechnung müsse erkennbar sein, wie sich das gezahlte Arbeitsentgelt zusammensetzt (§ 108 Abs. 1 Satz 2 GewO). Ausschlaggebend sei dabei, welche Gehaltsbestandteile der Arbeitgeber tatsächlich zugrunde gelegt hat.

Gehaltsbestandteile dürfen dabei weder zu einer einzigen Summe zusammengefasst noch darf das geschuldete Gehalt fiktiv in tatsächlich nicht geleistete Bestandteile aufgespalten werden. Die Gehaltszahlung sei für den Arbeitnehmer nur dann nachvollziehbar, wenn der Arbeitgeber die von ihm gewährten Gehaltsbestandteile zutreffend angibt.

Die Beklagte habe daher den Anspruch der Klägerin auf Erteilung ordnungsgemäßer Abrechnungen für die Monate März 2020 bis einschließlich März 2021 noch nicht erfüllt. Denn die für diesen Zeitraum erteilten Abrechnungen würden die geleisteten Zahlungen nicht korrekt wiedergeben. Die Klägerin habe nicht das ursprüngliche Grundgehalt sowie die angegebenen Gehaltsbestandteile erhalten, sondern nur das erhöhte Grundgehalt.

Hinweise für die Praxis

Das Urteil des LAG steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Bereits das BAG hat mit Urteil vom 09.12.2015 – 10 AZR 731/14 entschieden, dass ein Anspruch auf bloße Berichtigung früherer Gehaltsabrechnungen nicht in Betracht kommt.

Hierbei ist maßgeblich, dass die Abrechnung die Information über die erfolgte Zahlung bezweckt. Die Regelung dient der Transparenz, damit der Arbeitnehmer erkennen kann, warum er gerade den ausgezahlten Betrag erhält. Die Transparenz erfordert dabei nicht, dass dem Arbeitnehmer eine Abrechnung darüber erteilt wird, wie sein Arbeitsentgelt richtigerweise zu berechnen wäre. Es kommt vielmehr darauf an, wie es der Arbeitgeber tatsächlich berechnet hat und insbesondere, welche Abzüge er aus welchen Gründen tatsächlich vorgenommen und welche Beträge er abgeführt hat (BAG, Beschluss vom 07.09.2009 – 3 AZB 19/09).

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