andreas imping arbeitsrecht p 1.jpg

Betriebliche Altersversorgung – Auslegung einer Versorgungsordnung

Das BAG hat mit Urteil vom 02.12.2021 (3 AZR 21/21) entschieden, dass eine Versorgungsregelung in einer Betriebsvereinbarung, wonach eine Witwen-/Witwerrente entfällt, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Ablebens des Anwärters geschieden ist oder wenn sie erst nach Beginn der Altersrentenzahlung geschlossen wurde, eine Witwen-/Witwerrente nicht ausschließt, wenn die Ehe zwar nach dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, aber vor dem Beginn des Altersrentenbezugs geschlossen wurde.

Sachverhalt

Dem Urteil des BAG liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war mit einem ehemaligen Arbeitnehmer der Beklagten verheiratet. Die Ehe wurde nach seinem vorzeitigen Ausscheiden mit einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft bei der Beklagten, aber vor dem Bezug einer Altersrente geschlossen. Bei der Beklagten gilt eine Betriebsvereinbarung, die eine Witwen-/Witwerrente vorsieht. Diese entfällt danach, wenn „die Ehe zum Zeitpunkt des Ablebens des Anwärters geschieden ist“ oder wenn sie „erst nach Beginn der Altersrentenzahlung geschlossen wurde“. Die Beklagte meint, eine Witwenrente sei darüber hinaus ausgeschlossen, wenn die Ehe nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, aber vor dem Beginn der Altersrentenzahlung eingegangen wurde. Sie verweigert daher die Zahlung einer Witwenrente an die Klägerin. Das Arbeitsgericht hat der Klage im Grundsatz stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hatte im Wesentlichen Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf eine Witwenrente. Versorgungsregelungen, die eine Hinterbliebenenversorgung ausschließen oder beschränken sollen, sind hinreichend klar zu fassen. Enthalten die Versorgungsbestimmungen ausdrückliche Ausschlusstatbestände, nicht jedoch für den Fall, dass die Ehe nach dem vorzeitigen Ausscheiden, aber vor dem Beginn der Altersrentenzahlung geschlossen wurde, kann insoweit kein Ausschluss angenommen werden. Aus der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft folgen dann nach dem Ableben des unmittelbar versorgungsberechtigten Arbeitnehmers Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung.

Hinweis für die Praxis

Das BAG muss sich regelmäßig mit Ansprüchen von Hinterbliebenen aus einer betrieblichen Versorgungszusage befassen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Spätehen-, Altersabstands-, Getrenntlebenden- und Wiederverheiratungsklauseln ist mannigfaltig. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber und damit auch die Betriebsparteien frei, den Kreis der berechtigten Hinterbliebenen gegenüber dem gesetzlich Möglichen einzuschränken. Indes unterliegen einseitige Versorgungszusagen grundsätzlich den Anforderungen an die AGB-Vorschriften der §§ 305 ff. BGB. Die Betriebspartner sind in vergleichbarer Weise verpflichtet, den Kreis des von der Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossenen Personenkreises klar und transparent zu formulieren. Das hatten die Betriebsparteien des jüngsten Rechtsstreits nicht mit der nachteiligen Konsequenz getan, dass ein unverfallbarer Versorgungsanspruch der überlebenden Ehefrau entstanden ist. Nicht zuletzt wegen der damit verbundenen erheblichen finanziellen Auswirkungen sollten Arbeitgeber auf die Formulierung schriftlicher Versorgungszusagen bzw. entsprechender Betriebsvereinbarungen höchste Sorgfalt verwenden.

Kontakt > mehr