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Rechtswirksame Vertretung mit Zusatz „i. A.“

Im Wirtschaftsverkehr agieren regelmäßig Vertreter für die eigentlich aus dem Geschäft Verpflichteten. Die Erklärung eines Vertreters, wie etwa bei der Unterzeichnung eines Vertrags, kann hierbei auch mit dem Zusatz „i. A.“ kenntlich gemacht werden, insbesondere wenn dies im Zusammenhang mit einem Firmenstempel des Vertretenen erfolgt.

Hintergrund: Streit über die wirksame Vertretung beim Abschluss eines Mietvertrags

In dem der Entscheidung des KG Berlin vom 30.11.2020 (Az. 8 U 1042/20) zugrunde liegenden Sachverhalt war die Frage nach dem wirksamen Abschluss eines Mietvertrags streitig. Beim Abschluss des Vertrags hatte nicht die Vermieterin selbst unterschrieben, sondern eine (bevollmächtigte) Mitarbeiterin der von der Vermieterin zur Vertretung berechtigten Hausverwaltung. Dabei hatte die Mitarbeiterin den Zusatz „i.A.“ und zusätzlich den Firmenstempel der Hausverwaltung verwendet.

Später kündigte die Vermieterin den Mietvertrag. Hierbei vertrat sie die Auffassung, dass der Mietvertrag durch die Mitarbeiterin der Hausverwaltung nicht wirksam unterzeichnet worden sei, womit dieser nur mündlich und damit nach dem Gesetz für unbestimmte Zeit geschlossen wäre. Nach den gesetzlichen Vorschriften hätte dies die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Mietvertrags zur Folge. Mangels wirksamer Vertretung sei deshalb auch die in dem schriftlichen Vertrag geregelte feste Laufzeit mit eingeschränkter Kündigungsmöglichkeit nicht bindend.

Nachdem der Mieter der Kündigung nicht nachgekommen war, klagte die Vermieterin auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts und obsiegte in erster Instanz. Hiergegen wendete sich der Mieter erfolgreich mit der Berufung.

Nach Ansicht des KG Berlin bestand zwischen den Parteien ein wirksamer, schriftlicher Mietvertrag über eine bestimmte Laufzeit. Der Vermieterin fehlte daher die Berechtigung zur ordentlichen Kündigung. Nach Auffassung des Gerichts könne auch mit dem Zusatz „i. A.“ kenntlich gemacht werden, dass der Unterzeichnende eine Willenserklärung nicht im eigenen, sondern im fremden Namen abgeben wollte. Dann liegt nach den äußeren Umständen kein Eigenhandeln, sondern eine Vertretung vor. Hierbei maß das Gericht dem Zusammenspiel zwischen der Unterschrift, dem Zusatz „i.A.“ und dem verwendeten Firmenstempel besondere Bedeutung bei. Nach Einschätzung des Gerichts war es als genügender Vertreterzusatz anzusehen, wenn der Unterschrift einer natürlichen Person ein Firmenstempel des Vertretenen beigedrückt wird, um deutlich zu machen, dass der Unterzeichnende als Vertreter handelt und die Vertretungsmacht für sich in Anspruch nimmt.

Praxishinweis

Die Einschaltung von Vertretern zur Unterzeichnung von Verträgen oder zur Abgabe sonstiger Erklärungen ist gängige Praxis. Für die rechtliche Zurechnung derartigen Vertreterhandels an den Vertretenen schreibt das Gesetz die Einhaltung gewisser Wirksamkeitsvoraussetzungen vor. Insbesondere muss zum Schutz der Beteiligten deutlich gemacht werden, in wessen Namen die Erklärung erfolgt (Grundsatz der Offenkundigkeit). Zudem hat die Vertretungsberechtigung des Handelnden, welche sich aus dem Gesetz oder als erteilte Vollmacht ergeben kann, für den Vertragspartner Bedeutung. Das Urteil des KG Berlin gibt Anlass, den Blick auf einige praxisrelevante Konstellationen der Stellvertretung zu richten:

1. Handelsregister: Handelt ein Geschäftsführer oder Vorstand einer Gesellschaft für diese, wird die Stellvertretung durch das Handelsregister kenntlich. Auch die Vertretungsberechtigung eines Prokuristen wird durch das Handelsregister deutlich – für den Rechtsverkehr wird die Offenkundigkeit noch durch die Beifügung des üblichen „ppa.“ gesteigert. Handlungsvollmachten ergeben sich hingegen nicht aus dem Handelsregister – sie müssen deshalb anderweitig für den Rechtsverkehr deutlich gemacht werden.

2. Weitere Stellvertretungsfälle: Im Übrigen muss die Stellvertretung stets kenntlich gemacht werden. Mittlerweile weitgehend anerkannt ist der Zusatz „i.V.“ als vertretungskennzeichnender Zusatz. Ob der Zusatz „i.A.“, „im Auftrag“ ausreicht, ist jeweils im Einzelfall auszulegen. Für das KG Berlin war hierbei der zusätzlich beigedrückte Firmenstempel ausschlaggebend.

3. Vorsicht – einseitige Erklärungen und Formerfordernisse: Besondere Vorsicht ist bei einseitigen Erklärungen durch Gesellschaften, wie z. B. Kündigungen oder Rücktrittserklärungen, geboten. Hier muss die Erklärung stets von einer (i) aus dem Handelsregister zur Stellvertretung berechtigten Person oder (ii) von einer anderen Person unter Vorlage der Originalvollmacht (!) abgegeben werden. Wird dies nicht eingehalten, besteht die Gefahr, dass der Empfänger einer solchen Erklärung diese berechtigt zurückweist und damit die Folgen der Erklärung und etwaige Fristwahrungen nicht erreicht werden. Soweit bestimmte Erklärungen oder Verträge gewissen Formvorschriften unterliegen, sind diese zu beachten.

4. Elektronische Signaturen: Zunehmend verbreitet sich die Nutzung elektronischer Signaturen. Soweit das Gesetz keine besonderen Formvorschriften vorgibt, können zumeist auch (einfache) elektronische Signaturen genutzt werden. Jedoch empfiehlt sich die Aufnahme einer klarstellenden Regelung in den Verträgen, dass die Nutzung elektronischer Signaturen und der elektronische Austausch der Vertragsdokumente zwischen den Parteien als formwahrend vereinbart werden.

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