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Neues für Stiftungen: Umfassende Reform des Stiftungsrechts beschlossen

Am 16. Juli 2021 hat der Bundestag mit der Zustimmung des Bundesrats das „Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes“ beschlossen, in dem das Stiftungsrecht für rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts umfassend neu geregelt wurde. Das Stiftungsrecht erlebt damit seine größte Umgestaltung seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Die Vorschriften erfinden das Stiftungsrecht nicht neu. Sie führen aber die bestehenden Regelungen zusammen und ergänzen eine Vielzahl an praxisrelevanten Punkten (z. B. zum Stiftungsvermögen), die bislang nicht oder nur lückenhaft geregelt waren. Mit der Neuregelung in den §§ 80 – 87d BGB wird nun ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept für rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts geschaffen.

Die Neuregelungen betreffen das gesamte „Leben“ einer Stiftung – von ihrer Errichtung bis zu ihrer Auflösung. Es finden sich Regelungen dazu, welche Inhalte die Stiftungssatzung enthalten muss und wie sich das Stiftungsvermögen zusammensetzt und zu verwalten ist (und zwar auch bei Verbrauchsstiftungen, die bislang zwar im Gesetz angesprochen sind, aber keine detaillierte Regelung erfahren hatten). Auch dazu, welche Stiftungsorgane es gibt bzw. geben kann und welche (Vertretungs-)Befugnisse sie haben können, gibt es nun ausformulierte Regelungen. Das Gesetz trifft zudem (über den bereits bisher geltenden § 31a BGB hinaus) Bestimmungen zur Haftung von Organmitgliedern und verankert beispielsweise die  Business Judgement Rule für Stiftungsvorstände im Gesetz. Detailliert geregelt ist auch das Verfahren bei Satzungsänderungen, Zusammen- oder Zulegungen von Stiftungen oder ihre Aufhebung bzw. Auflösung. Dabei bleibt es – wie bisher – dabei, dass der Stifterwille größte Bedeutung hat, was in den gesetzlichen Neuregelungen nochmals festgehalten ist.

Neu geschaffen wird zudem ein öffentliches Stiftungsregister, in das die Stiftungen selbst und bestimmte Angaben zu ihren Vertretungsberechtigten einzutragen und in dem die Stiftungssatzungen zu hinterlegen sind. Anders als die bislang bei den Stiftungsaufsichtsbehörden geführten Stiftungsverzeichnisse wird dieses Stiftungsregister – wie das Handels- oder Vereinsregister – Publizitätswirkung haben. Vor allem die Vertretungsverhältnisse der Stiftungen werden aus dem Stiftungsregister ersichtlich sei. Die Vertretung einer Stiftung, die bislang häufig nur über von der Stiftungsaufsichtsbehörde ausgestellte Vertretungsbescheinigungen funktioniert, wird dadurch in der Praxis wesentlich erleichtert. Mit Eintragung in das Stiftungsregister gibt es auch erstmals die Vorgabe zu bestimmten Namenszusätzen für rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts. Sie müssen zukünftig – in Abgrenzung zu rechtsfähigen Stiftungen des öffentlichen Rechts und nichtrechtsfähigen Stiftungen – den Namenszusatz „eingetragene Stiftung“ /„e.S.“ oder „eingetragene Verbrauchsstiftung“ /„e.VS.“ führen.

Alle rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts werden von den Neuregelungen betroffen sein. Sie treten zum 1. Juli 2023 in Kraft – den betroffenen Stiftungen bleibt also ein gutes Jahr Zeit, ihren Handlungsbedarf zu prüfen und sich auf die neuen Regelungen einzustellen. Beim Stiftungsregister dauert es noch etwas länger; dieses wird erst zum 01.01.2026 seinen Betrieb aufnehmen.

Für Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie nichtrechtsfähige Stiftungen (des öffentlichen oder des bürgerlichen Rechts) finden die neuen Regelungen nicht oder nur für bestimmte Teilbereiche unmittelbare Anwendung. Das heißt aber nicht, dass sie für Stiftungen dieser Rechtsform vollkommen irrelevant sind – denn jedenfalls als Anregung für die eigene Satzungsgestaltung oder in den Einzelfällen, in denen die Landesstiftungsgesetze eventuell doch für andere Stiftungsformen auf die Vorschriften im BGB verweist, können sie von Bedeutung sein.

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