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Kein Beschäftigungsanspruch bei ärztlich attestierter Unfähigkeit zum Tragen einer Maske

Das Arbeitsgericht Siegburg hat mit Urteil vom 18.08.2021 (Az.: 4 Ca 2301/20) entschieden, dass ein Arbeitgeber die Beschäftigung seines Arbeitnehmers im Betrieb verweigern darf, wenn dieser ausweislich eines ärztlichen Attests nicht dazu in der Lage ist, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Sachverhalt

Dem Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist bei der beklagten Kommune als Verwaltungsmitarbeiter in einem Rathaus beschäftigt. Mit Schreiben vom 06.05.2020 ordnete die Beklagte für diejenigen Arbeitsplätze, welche sich innerhalb des Rathauses befinden, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an. Infolgedessen legte der Kläger der Beklagten zwei Atteste vor, wonach dem Kläger sowohl das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung als auch das Tragen eines Gesichtsvisiers aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei. Die Beklagte lehnte es daraufhin ab, den Kläger ohne das Tragen einer entsprechenden Gesichtsbedeckung zu beschäftigen. Der Kläger selbst ist seit dem 19.10.2020 nahezu durchgehend arbeitsunfähig.

Der Kläger verfolgte sein Begehren zunächst – erfolglos – im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.

In der Hauptsache begehrte der Kläger nun weiterhin seine Beschäftigung im Rathaus, ohne dabei eine Gesichtsbedeckung tragen zu müssen. Hilfsweise verlangte er von der Beklagten, ihm die Beschäftigung im Homeoffice zu ermöglichen. Ferner begehrte der Kläger die Zahlung von Annahmeverzugslohn bzw. Schadensersatz in Höhe seines regelmäßigen Gehalts.

Entscheidungsgründe

Das ArbG Siegburg hat die Klage durch Urteil vom 18.08.2021 abgewiesen. Dem Kläger stehe nach Auffassung der 4. Kammer kein Anspruch auf eine tatsächliche Beschäftigung ohne das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zu. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass einem etwaigen Beschäftigungsanspruch des Klägers sowohl das ordnungsgemäß ausgeübte Direktionsrecht des Arbeitsgebers als auch der Gesundheits- und Infektionsschutz und die hieraus resultierende Pflicht seitens des Arbeitgebers, in Pandemiezeiten seine Arbeitnehmer zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes anzuhalten, entgegenstehe. Letzteres ergebe sich aus der Fürsorgepflicht der Beklagten. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung überwiege das Interesse der Beklagten, die Übertragung und Verbreitung des SARS-CoV-2 Virus möglichst zu vermeiden, dem Interesse des Klägers, ohne das Tragen einer Maske arbeiten zu können. Ausweislich § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Coronaschutzverordnung NRW bestehe zudem im Rathaus der Beklagten eine generelle Maskenpflicht. Darüber hinaus könne und müsse der Arbeitgeber die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Betrieb mittels seines Direktionsrechts umsetzen. Sofern der Kläger ausgehend der vorgelegten ärztlichen Atteste eine Mund-Nasen-Bedeckung nicht tragen könne, sei er arbeitsunfähig. Auch stünden dem Kläger etwaige Vergütungsansprüche unter keinen denkbaren Gesichtspunkten zu. Hinsichtlich des geltenden gemachten Annahmeverzuges konnte der Kläger bereits seine Arbeitsleistung nicht wie geschuldet anbieten und erbringen. Mangels Vorliegen einer Pflichtverletzung der Beklagten könne der Kläger sein Begehren auch nicht mittels eines Schadensersatzanspruchs durchsetzen. Zuletzt stünde dem Kläger auch kein Anspruch auf Verrichtung seiner Arbeitsleistung im Homeoffice zu. Der Aufgabenkreis des Klägers gebiete es, dass Teile seiner Aufgaben zwingend vor Ort im Rathaus erledigt werden müssen. Infolgedessen könne die bestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht vollständig vermieden, beziehungsweise beseitigt werden. Eine „Teilarbeitsunfähigkeit“ kenne das Entgeltfortzahlungsgesetz gerade nicht.

Hinweise für die Praxis

Mehrere Arbeitsgerichte haben sich zwischenzeitlich mit der Frage der Maskenpflicht am Arbeitsplatz auseinander gesetzt (vgl. etwa Arbeitsgericht Köln 17.06.2021 – 12 Ca 450/21; ArbG Berlin 15.10.2020 – 42 Ga 13034/20). Auch das Arbeitsgericht Siegburg war mit der Frage bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren befasst und hat nunmehr auch in der Hauptsache den Eilbeschluss (16.12.2020 – 4 Ga 18/20) bestätigt. Im Ergebnis überzeugt die Entscheidung. Wer ein Attest vorlegt und damit deutlich macht, dass er nicht in der Lage ist, seiner Arbeit, wie durch den Arbeitgeber vorgegeben, aus medizinischen Gründen nachzugehen, offenbart seine krankheitsbedingte Einschränkung, die es dem Arbeitgeber unmöglich macht, den Arbeitnehmer zu beschäftigen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt daher mit Spannung zu erwarten, ob Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt wird.

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