Amtsniederlegung der Geschäftsführer und Führungslosigkeit der GmbH
Nach einem Beschluss des OLG Nürnberg kann die zur Führungslosigkeit einer GmbH führende Amtsniederlegung des Geschäftsführers im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein.
Sachverhalt
Dem Beschluss des OLG Nürnberg liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH haben unabhängig voneinander die Niederlegung ihres Amtes – jeweils unter der aufschiebenden Bedingung der Löschung des betreffenden Geschäftsführers aus dem Handelsregister – erklärt. Da die beiden Erklärungen in zeitlichem Zusammenhang erfolgt sind, hielt das zuständige Registergericht fest, dass die beiden Anmeldungen gleichzeitig zu vollziehen seien, jedoch ein Vollzugshindernis bestehe. Denn die Amtsniederlegungen seien rechtsmissbräuchlich, weil die GmbH hierdurch handlungsunfähig würde. Zudem seien die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer nach einer Gesamtwürdigung der Gesellschafterstruktur nicht als Minderheitsgesellschafter anzusehen.
Der Beschluss des OLG Nürnberg vom 12.05.2021, Az. 12 W 502/21
Das OLG Nürnberg („OLG“) folgte der Auffassung des Registergerichts und befand die beiden Amtsniederlegungen für rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam. Grundsätzlich sei Rechtsmissbräuchlichkeit dann anzunehmen, wenn die Amtsniederlegung des Geschäftsführers – ohne gleichzeitige Bestellung eines neuen Geschäftsführers – zur Führungslosigkeit der Gesellschaft führe, bspw. beim einzigen Geschäftsführer, der zudem alleiniger oder maßgeblicher Mehrheitsgesellschafter ist. Denn das Interesse des Rechtsverkehrs an einer handlungsfähigen Gesellschaft und an Rechtssicherheit überwiege gerade bei Personenidentität von Geschäftsführungs- und Willensorgan. Zwar führe weder die Amtsniederlegung des einen noch des anderen Geschäftsführers jeweils für sich genommen zur Führungslosigkeit der GmbH, sondern nur in Kombination. Allerdings müsse berücksichtigt werden, dass die zur Eintragung ins Handelsregister angemeldeten Tatsachen (Anmeldung der Löschung des jeweiligen Geschäftsführers) aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Erledigung vorliegen. Ein Teilvollzug sei daher ausgeschlossen. Darüber hinaus spreche für die Rechtsmissbräuchlichkeit, dass die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer auch in einer Zusammenschau ihrer Geschäftsanteile und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände (u.a. waren die Rechtsnachfolger eines verstorbenen Gesellschafters noch nicht in der Gesellschafterliste eingetragen und daher noch nicht legitimiert/stimmberechtigt) die maßgeblichen Mehrheitsgesellschafter seien.
Anmerkung
Der Beschluss zeigt, dass die Amtsniederlegung eines GmbH-Geschäftsführers unter bestimmten Umständen scheitern kann.
Die Amtsniederlegung eines Geschäftsführers ist grundsätzlich jederzeit ohne Einhaltung von Fristen und Formen möglich. Anders ist dies bei einer in der Führungslosigkeit einer GmbH resultierenden Amtsniederlegung eines Geschäftsführers, der zugleich alleiniger oder Mehrheits-Gesellschafter ist, da die Amtsniederlegung dann rechtsmissbräuchlich sein kann. Auch die GmbH-Gesellschafter selbst können sich vor einer unerwarteten Amtsniederlegung schützen, indem dafür – noch vor Bestellung des jeweiligen Geschäftsführers – im Gesellschaftsvertrag Frist- und Formerfordernisse oder wichtige Gründe als Voraussetzung festgelegt werden.
Nicht nur durch Amtsniederlegung, sondern auch durch das Versterben oder eine schwere Krankheit des einzigen oder aller Geschäftsführer kann eine GmbH führungslos werden. Verstirbt der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, kommt erschwerend hinzu, dass die Erben sich zunächst legitimieren müssen, um durch Beschluss einen neuen Geschäftsführer einzusetzen. Die führungslose GmbH ist – sofern kein Notgeschäftsführer oder Prozesspfleger bestellt wird – prozessunfähig. Zudem gehen mit der Führungslosigkeit der GmbH weitergehende Verantwortlichkeiten für die Gesellschafter einher. Die Gesellschafter vertreten die GmbH dann insbesondere beim Empfang von Willenserklärungen oder Schriftstücken sowie bei der Stellung eines Insolvenzantrags unter den Voraussetzungen des § 15 InsO. Um dies zu vermeiden, sollten die Gesellschafter möglichst rechtzeitig Vorkehrungen treffen, insbesondere wenn sich abzeichnet, dass der alleinige Geschäftsführer sein Amt niederlegen möchte oder beispielsweise schwer erkrankt.
14. Dezember 2021