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Sitzverlegung auch bei Liquidation der Gesellschaft

Auch eine in Liquidation befindliche GmbH darf ihren Sitz verlegen, solange dies nicht im Einzelfall rechtsmissbräuchlich ist. Wenn die Geschäftsräume ebenfalls verlegt werden, ist die Sitzverlegung im Regelfall nicht zu beanstanden. Dies entschied jüngst das OLG Celle.

Zum Sachverhalt

In dem vom OLG Celle entschiedenen Fall ging es um die Sitzverlegung einer GmbH in Liquidation (i.L.). Die Gesellschafterversammlung der GmbH i.L. hatte eine Verlegung der Geschäftsräume und damit einhergehend die Verlegung ihres Satzungssitzes beschlossen. Beides wurde anschließend vom Liquidator zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Das Registergericht wies jedoch die Anmeldung der Sitzverlegung zurück. Es war der Meinung, die Sitzverlegung widerspräche dem Wesen der Abwicklung der Gesellschaft. Gegen diese Entscheidung des Registergerichts legte die GmbH Beschwerde ein, über die das OLG Celle entschied.

Der Beschluss des OLG Celle vom 26.04.2021 (Az. 9 W 51/21)

Die Beschwerde hatte Erfolg. Das Gericht hielt eine Sitzverlegung in der Liquidation keineswegs für unüblich oder regelmäßig rechtsmissbräuchlich. Vielmehr wies es darauf hin, dass gerade in Abwicklungsphasen Geschäftsräume häufig verkleinert und dann teils an andere Orte verlegt würden. Aus seiner Sicht sprach nichts dagegen, dass in diesem Zusammenhang auch der Satzungssitz verlegt wurde. Dafür, dass die Sitzverlegung im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sei, gebe es keine Anhaltspunkte.

Praxishinweis

Satzungsänderungen im Liquidationsstadium einer GmbH kommen immer wieder vor. Neben dem Umzug der Geschäftsräume und einer damit einhergehenden Sitzverlegung (wie im Fall des OLG Celle) können Kapitalmaßnahmen oder die Änderung der Firma oder des Unternehmensgegenstands (z.B. bei einer Veräußerung des in Liquidation befindlichen Unternehmens) der Grund für eine Satzungsänderung sein.

Solche Satzungsänderungen sind bei einer in Liquidation befindlichen GmbH nicht per se unzulässig. Sie sind aber auch nicht uneingeschränkt zulässig, denn die GmbH i.L. tritt nicht mehr werbend am Markt auf, sondern ist auf eine Auseinandersetzung gerichtet. Im Zuge der Liquidation sind deshalb die Interessen der Gesellschaftsgläubiger besonders geschützt, beispielsweise durch das durch Veröffentlichung der Liquidation im Bundesanzeiger in Lauf gesetzte Sperrjahr zur Anmeldung von Forderungen gegen die GmbH i.L. beim Liquidator. Um den Gläubigerschutz nicht auszuhöhlen, dürfen Satzungsänderungen bei einer in Liquidation befindlichen GmbH daher nur erfolgen, wenn sie dem Zweck und Wesen der Liquidationsverteilung nicht widersprechen.

In den vergangenen Jahren war umstritten, wie streng der für solche Satzungsänderungen anzulegende Maßstab ist. Das KG Berlin setzte noch in einer Entscheidung vom 24.04.2018 hohe Maßstäbe und forderte einen „Vorbehalt der Zweckmäßigkeit“ für Satzungsänderungen in der Liquidationsphase. Die Eintragung der Sitzverlegung, über die es damals zu entscheiden hatte, wies es mit der Begründung zurück, durch die Verlegung des Sitzes werde den Gesellschaftsgläubigern das Auffinden der Gesellschaft erschwert. Das OLG Celle hatte keine solch grundlegenden Bedenken gegen die Sitzverlegung. Im Gegenteil: Gerade für eine Sitzverlegung erkannte das Gericht ein praktisches Bedürfnis, jedenfalls wenn zugleich die Geschäftsräume verlegt werden.

Satzungsänderungen sind also auch bei einer Liquidation der GmbH möglich. Sie dürfen aber nicht wahllos erfolgen, sondern einen sachlichen Grund sollte (und dürfte es meistens) geben. Für den Fall der Sitzverlegung könnte das Urteil des OLG Celle zu einer weniger strengen Praxis führen. Das ist zu begrüßen und auch pragmatisch, denn zum einen sind Sitzverlegungen im elektronischen Handelsregister nachvollziehbar und zum anderen bleibt der bei Auflösung der GmbH bestehende Gerichtsstand selbst bei einer späteren Sitzverlegung unverändert (§ 69 Abs. 2 GmbHG). Es bleiben damit nur wenige Fälle (z.B. wenn der Sitz verlegt wird, um sich vor den Gläubigern zu verstecken), in denen eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Sitzverlegung überhaupt in Betracht kommt.

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