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Einstweiliger Rechtsschutz bei Gesellschafterstreit in der (Zwei-Personen-)GmbH

Gegen die Abberufung als Geschäftsführer oder den Ausschluss aus einer GmbH kann sich der Betroffene im einstweiligen Rechtsschutz zur Wehr setzen, wenn eine besondere Eilbedürftigkeit dargelegt werden kann. Hierfür gelten hohe Anforderungen.

Schneller Rechtsschutz bei Abberufung, Ausschluss und Einziehung durch Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

Werden GmbH-Geschäftsführer vom Amt abberufen, Gesellschafter aus der GmbH ausgeschlossen oder ihre Geschäftsanteile eingezogen, ist schnelles Handeln geboten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Fakten geschaffen werden. Sobald der Geschäftsführer aus dem Handelsregister ausgetragen wurde, kann er die Gesellschaft beispielsweise nicht mehr vertreten. Außerdem verliert er mit seiner Abberufung möglicherweise wichtige Zutritts- und Informationsmöglichkeiten. Noch gravierender ist die Situation für Gesellschafter, die ausgeschlossen oder deren Geschäftsanteile eingezogen werden, wenn sie ihre Streichung aus der im Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste befürchten müssen. Denn nur die in die Gesellschafterliste eingetragenen Personen können Gesellschafterrechte (z.B. Stimmrechte) wahrnehmen (§ 16 GmbHG, sog. Legitimationswirkung). Ist also eine (falsche) Gesellschafterliste erst einmal hinterlegt, verliert der Gesellschafter vorläufig alle Gesellschafterrechte und gewinnt diese erst zurück, wenn er mit seiner Klage gegen den Ausschließungs- bzw. Einziehungsbeschluss obsiegt. Das kann Monate oder Jahre dauern.

Um einen solchen Rechtsverlust zu vermeiden, müssen zu Unrecht abberufene Geschäftsführer und ausgeschlossene Gesellschafter schnell handeln. Die Erhebung einer Anfechtungsklage allein schützt sie nicht. Zeitnahe Hilfe verspricht nur die Beantragung einer einstweiligen Verfügung gegen die Gesellschaft bzw. deren Geschäftsführung. Ein jüngst vom OLG München entschiedener Fall (Urteil vom 02.12.2020, Az. 7 U 4305/20), in dem ein abberufener/ausgeschlossener Gesellschafter-Geschäftsführer versucht hatte, sich seine Rechte vorläufig im Wege einer einstweiligen Verfügung zu sichern, ist dabei ein gutes Beispiel für den „Werkzeugkasten“, der hierfür zur Verfügung steht. Abberufene Geschäftsführer können im einstweiligen Rechtsschutz theoretisch eine Registersperre für ihre Abberufung erwirken oder die vorläufige Weiterbehandlung als Geschäftsführer (mit entsprechenden Geschäftsführungs- und Vertretungsrechten) sicherstellen. Gesellschafter können die Hinterlegung einer geänderten Gesellschafterliste verhindern oder ihre Gesellschafterrechte (z.B. Stimm-, Informations- und Zutrittsrechte) im Ganzen oder in einzelnen Aspekten durch eine einstweilige Verfügung vorläufig sichern.

Hohe Anforderungen an Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund

Die Hürden im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sind hoch. Auch das hat das Urteil des OLG München gezeigt. Weil es sich beim einstweiligen Rechtsschutzverfahren um ein Eilverfahren handelt, in dem nur eine eingeschränkte Beweisaufnahme erfolgt, sollen nur vorläufige Regelungen für besonders eilbedürftige Fälle getroffen werden. Die Antragsteller müssen daher nicht nur glaubhaft machen, dass ihre Abberufung/ihr Ausschluss unwirksam ist (sog. Verfügungsanspruch), sondern auch, dass ihnen ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung irreparable Schäden drohen (sog. Verfügungsgrund).

Gerade bei abberufenen Geschäftsführern ist die Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes schwierig; daher erreichen sie eine einstweilige Verfügung nur in Ausnahmekonstellationen (z.B. bei Sonderrechten auf Geschäftsführung in Zwei-Personen-Gesellschaften). Aus diesem Grunde scheiterte auch der Kläger im vom OLG München entschiedenen Fall mit seinen Anträgen auf Sicherung seiner Geschäftsführerstellung. Er hatte zwar vorgetragen, seine Abberufung würde für ihn erhebliche wirtschaftliche Schäden und einen Informationsverlust nach sich ziehen. Das Gericht sah diesen pauschalen Vortrag jedoch nicht als ausreichenden Verfügungsgrund an.

Größere Aussicht auf Erfolg haben einstweilige Verfügungsanträge ausgeschlossener Gesellschafter, da die Hinterlegung einer geänderten Gesellschafterliste sie von der Wahrnehmung ihrer Gesellschafterrechte auf längere Sicht ausschließt (und zwar selbst dann, wenn der Ausschluss/die Einziehung unzulässig war). Auch hierbei ist aber Sorgfalt geboten, wie sich ebenfalls am Urteil des OLG München zeigt. Denn dort wäre nach der Satzung der Gesellschaft ein finaler Ausschluss des Klägers nur durch eine Ausschließungsklage möglich gewesen, die aber noch nicht erhoben war. Durch den bloßen Ausschließungsbeschluss war aus Sicht des Gerichts die Rechtsposition des Klägers noch nicht so dringend gefährdet, dass eine einstweilige Verfügung erforderlich war.

Praxistipp: Sorgfältige Vorbereitung des Antrags auf einstweilige Verfügung

Zusammengefasst gilt: Gerade Gesellschafter, die aus einer GmbH ausgeschlossen werden oder deren Geschäftsanteile eingezogen werden, können ihre Gesellschafterrechte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren schnell sichern. Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung müssen aber sorgfältig gestaltet werden und die Besonderheiten des Einzelfalls (z.B. besondere Satzungsregelungen) berücksichtigen. Dies gilt gerade für die Darlegung der besonderen Eilbedürftigkeit. Pauschale Behauptungen werden das Gericht nicht von der Notwendigkeit einer einstweiligen Verfügung überzeugen. Auch ein zu langes Abwarten kann schaden – denn wer mehrere Wochen wartet, bis er sich gegen seine Abberufung als Geschäftsführer oder seinen Ausschluss aus der Gesellschaft wehrt, widerlegt im Regelfall durch sein eigenes Verhalten die besondere Eilbedürftigkeit.

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