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Einsetzung einer Einigungsstelle wegen Ablehnung von Urlaub durch den Arbeitgeber gegenüber einem Mitarbeiter

Der Betriebsrat kann im Zweifel bei Ablehnung der Gewährung von Urlaub durch den Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen, wenn dies auch Auswirkungen auf die übrige Belegschaft hat. Das LAG Berlin Brandburg hat in einem Beschluss vom 24.06.2021 (Az.: 26 TaBV 785/21) entschieden, dass der Betriebsrat insoweit ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG in Bezug auf jeden einzelnen Mitarbeiter hat.

Sachverhalt

Dem Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beteiligten streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Klärung der zeitlichen Lage des Urlaubs eines Belegschaftsmitglieds vor dem Hintergrund der Ablehnung einer Urlaubsbewilligung.

Der Mitarbeiter ist als Erzieher im sozialpädagogischen Bereich beschäftigt. Die Arbeitgeberin hat Urlaubsanträge dieses Mitarbeiters mit der Begründung abgelehnt, dass Urlaub von 30 Tagen außerhalb der Ferien nicht gewährt werden könne. Der Urlaub müsse während der Schulferien bzw. zwischen Weihnachten und Neujahr genommen werden. Der Mitarbeiter stellte daraufhin einen weiteren Antrag. Die Arbeitgeberin lehnte diesen Antrag wiederum ab. Begründet hat sie dies u.a. damit, dass es ungünstig sei, den überwiegenden Teil des Urlaubs in die zweite Jahreshälfte zu verlegen, da am Ende des Schuljahres eine Klassenabgabe bevorstehe. Verständigungsbemühungen blieben ergebnislos.

Der Betriebsrat vertrat die Ansicht, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht auch in Bezug auf die zeitliche Lage des Urlaubs einzelner Belegschaftsmitglieder zu und stellt beim Arbeitsgericht einen entsprechenden Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle.

Das Arbeitsgericht setzte die Einigungsstelle ein. Zur Begründung führte es aus, dass selbst wenn die zeitliche Lage des Belegschaftsmitglieds nicht mit der eines anderen Belegschaftsmitglieds kollidiere, sei der Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG gegeben. Das Mitbestimmungsrecht bestehe selbst dann, wenn kein Konflikt mit den Urlaubsansprüchen anderer Belegschaftsmitglieder bestehe und allein die zeitliche Lage des Urlaubs zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer streitig sei.

Die Arbeitgeberin legte gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Beschwerde ein, die das LAG zurückwie. Gegen die Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht vorgesehen.

Entscheidungsgründe

Das LAG Berlin-Brandenburg entschied mit Blick auf die eingeschränkte Zuständigkeitsprüfung der Einigungsstelle im Verfahren nach § 100 ArbGG, dass die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig ist. Der Antrag auf Errichtung einer Einigungsstelle nach § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 BetrVG kann nämlich nach § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG nur zurückgewiesen werden, wenn diese offensichtlich unzuständig ist.

Das LAG Berlin-Brandenburg begründet seine Entscheidung damit, dass nach ganz überwiegender Auffassung in der Literatur das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG in jedem Einzelfall bestehe. Nach Sinn und Zweck des § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG soll der Betriebsrat bei der Harmonisierung der auf den Erhalt von Freizeit gerichteten Urlaubswünsche der einzelnen Arbeitnehmer untereinander und beim Ausgleich dieser Wünsche mit den betrieblichen Interessen an der Kontinuität des Betriebsablaufs mitbestimmen. Grund für die Mitbestimmung des Betriebsrats sei das Bedürfnis nach einer kollektiven Regelung. Die Gewährung des Urlaubs habe regelmäßig auch dann, wenn es um die Bewilligung für ein konkretes Belegschaftsmitglied gehe, Auswirkungen nicht nur bezogen auf den konkreten Einzelfall, sondern auch auf sonstige Belegschaftsmitglieder. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass tatsächlich ein kollektiver Bezug auch dadurch bestehe, dass es der Arbeitgeberin darum gehe, Urlaubswünschen generell nicht außerhalb der Ferienzeiten nachkommen zu wollen.

Soweit es gerade auch um eine Mitbeurteilung durch den Betriebsrat im Einzelfall gehen kann, widerspreche das der Notwendigkeit der Beteiligung des Betriebsrats entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin gerade nicht, so das LAG. § 85 Abs. 2 Satz 3 BetrVG steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil es sich hier nicht um ein Verfahren nach dieser Norm, sondern nach § 87 Abs. 2 BetrVG handele.

Hinweise für die Praxis

Für Arbeitgeber ist es ratsam, genau zu prüfen, ob tatsächlich betrieblichen Gründe vorliegen, die ihn berechtigen, den Urlaubsantrag eines Mitarbeiters abzulehnen. Andernfalls besteht nicht nur die Gefahr, dass der einzelne Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch per einstweiliger Verfügung durchzusetzen versucht, auch der Betriebsrat kann, was die Lage des Urlaubs betrifft, im Fall des Streits eine Einigungsstelle einberufen. Zu beachten ist allerdings, dass natürlich kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Frage besteht, in welchem Umfang dem einzelnen Mitarbeiter Urlaub zusteht.

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