tina bieniek gesellschaftsrecht h 1.jpg

Die GmbH-Gesellschafterliste: Keine Neunummerierung bei Anteilsübertragungen

Für die GmbH-Gesellschafterliste gelten strenge formelle Voraussetzungen. Diese müssen eingehalten werden, um Beanstandungen des Registergerichts zu vermeiden.

Hintergrund: Vorgaben für die formelle Ausgestaltung der Gesellschafterliste

An die Eintragung als Gesellschafter in die Gesellschafterliste einer GmbH sind bedeutsame Rechtsfolgen geknüpft: Nur wer in der Gesellschafterliste steht, gilt gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter – und zwar selbst dann, wenn ihm der Geschäftsanteil materiell-rechtlich gar nicht (mehr) gehört (§ 16 Abs. 1 GmbHG, sog. Legitimationswirkung der Gesellschafterliste). Nur diese Personen können also Gesellschafterrechte (Stimm-, Rede- und Teilnahmerechte) ausüben. Zugleich können Dritte (nur) von den in die Gesellschafterliste eingetragenen Personen gutgläubig das Eigentum an den Geschäftsanteilen erwerben (§ 16 Abs. 3 GmbHG).

Wie die Gesellschafterliste auszusehen hat, ist in § 40 Abs. 1 GmbHG und in der seit 2018 geltenden Gesellschafterlisten-Verordnung (GesLV) geregelt. Neben detaillierten Angaben zu den Geschäftsanteilen (Nennbeträge, prozentuale Angaben zum Verhältnis zum Stammkapital) sind in die Gesellschafterliste Informationen zu den Gesellschaftern einzutragen (u.a. Name, Geburtsdatum und Wohnort bzw. Firma, Sitz, Register und Registernummer sowie die Gesamtbeteiligung jedes Gesellschafters). Zudem sind Änderungen im Vergleich zur vorangegangenen Gesellschafterliste in einer Veränderungsspalte kenntlich zu machen (z.B. Hinweise auf die Teilung, Einziehung oder Abtretung eines Geschäftsanteils oder die Namens- oder Adressänderung eines Gesellschafters). Außerdem sind die Geschäftsanteile fortlaufend und eindeutig zu nummerieren. Eine Vergabe neuer Nummern ist nur in Ausnahmefällen (Ausgabe neuer Anteile, Teilung, Zusammenlegung oder Unübersichtlichkeit der bisherigen Nummerierung) möglich. Auf diese Weise soll stets nachvollziehbar sein, welche Änderungen es hinsichtlich der einzelnen Geschäftsanteile bzw. ihrer Inhaber gab.

Die Einhaltung der formellen Voraussetzungen bei der Gestaltung der Gesellschafterliste wird vom Registergericht streng überprüft. Ob die in der Gesellschafterlisten ausgewiesenen Änderungen materiell-rechtlich zutreffen, prüft das Registergericht hingegen nicht (bzw. nur bei ins Auge springenden, offensichtlichen Fehlern). Werden formelle Vorgaben bei der Gesellschafterliste missachtet, kann (und wird) die Hinterlegung der Gesellschafterliste zurückgewiesen werden, was wertvolle Zeit kosten kann. Das zeigt ein Urteil des OLG Oldenburg vom 26.07.2021.

Zum Sachverhalt

Der vom OLG Oldenburg entschiedene Fall betraf die Gesellschafterliste bei einer GmbH. Diese GmbH hatte zunächst zwei Gesellschafter. Diese übertrugen im später jeweils Geschäftsanteile auf drei neu hinzukommende Gesellschafter. Im Zusammenhang mit der Anteilsübertragung nahm der beurkundende Notar eine Neunummerierung der Geschäftsanteile in der Gesellschafterliste vor. Die Hinterlegung der so geänderten Gesellschafterliste wies das zuständige Registergericht jedoch mit der Begründung zurück, dass eine neue Nummerierung wegen einer Anteilsübertragung nicht zulässig sei. Dagegen erhob der Notar Beschwerde.

Der Beschluss des OLG Oldenburg vom 26.07.2021 (Az. 12 W 71/21)

Die Beschwerde blieb erfolglos. Das OLG Oldenburg entschied, dass die vom Notar eingereichte Gesellschafterliste tatsächlich gegen die Gesellschafterlisten-Verordnung (GesLV) verstieß. Die Nummern der Geschäftsanteile dürften nach der GesLV nur in bestimmten Fällen neu nummeriert werden; die Übertragung von Anteilen falle nicht darunter. Somit habe das Registergericht die Hinterlegung der Gesellschafterliste zu Recht abgelehnt.

Praxishinweis

Der Beschluss des OLG Oldenburg bietet erneut Anlass, sich mit der im (elektronischen) Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste der GmbH und vor allem ihrer ordnungsgemäßen Gestaltung zu befassen. Denn die Entscheidung zeigt: Formelle Fehler können die Hinterlegung der Gesellschafterliste beim Registergericht maßgeblich verzögern, wenn Beschwerdeverfahren geführt, Beanstandungen beseitigt oder eine neue (formell korrekte) Gesellschafterliste eingereicht werden müssen. Solche Verzögerungen sind ärgerlich, denn wegen der Legitimationswirkung der Gesellschafterliste haben die Beteiligten ein Interesse gerade an der schnellen Hinterlegung einer geänderten Gesellschafterliste. Ein Erwerber von Geschäftsanteilen möchte im Normalfall so schnell wie möglich in die Gesellschafterliste aufgenommen werden, um seine Gesellschafterrechte ausüben zu können. Umgekehrt soll die Gesellschafterliste zeitnah korrigiert und ein Gesellschafter aus dieser gestrichen werden, wenn dieser aus der Gesellschaft ausgeschieden ist (z.B. bei Einziehung oder Zwangsabtretung seiner Geschäftsanteile). Solche Konstellationen sind auch immer wieder Gegenstand einstweiliger Rechtsschutzverfahren (siehe z.B. hier).

Eine sorgfältige Gestaltung der Gesellschafterliste insbesondere mit Blick auf die Einhaltung bestimmter Formalia lohnt sich deswegen immer. Dies gilt auch und gerade dann, wenn die Geschäftsführung (und nicht ein sachkundiger Notar) für die Erstellung und Einreichung der neuen Gesellschafterliste zuständig ist, also bei Maßnahmen wie Teilung, Zusammenlegung oder Einziehung von Geschäftsanteilen oder die Berichtigung der Gesellschafterliste nach einem Erbfall.

Kontakt > mehr