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Datenschutzverstoß – Entschädigung

Das ArbG Münster hat mit Urteil vom 25.03.2021 (3 Ca 391/20) entschieden, dass eine Arbeitgeberin ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro an eine Arbeitnehmerin zu zahlen hat, von der sie ohne erforderliche Einwilligung ein Foto veröffentlicht hatte, bei dem die ethnische Herkunft und die Hautfarbe der Arbeitnehmerin im Vordergrund standen.

Sachverhalt

Dem Urteil des ArbG Münster liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin ist Angestellte einer Universität und wehrte sich in dem arbeitsrechtlichen Verfahren u.a. dagegen, als Aushängeschild für die "Internationalität" ihres Arbeitgebers herzuhalten, obwohl ihre konkrete Tätigkeit nichts mit Internationalität zu tun hat. Die ihr seinerzeit vorgelegte Einwilligung zur Veröffentlichung der Fotos hatte sie nicht unterzeichnet, aber an der Erstellung der Aufnahmen mitgewirkt und in mündlichen Gesprächen eine möglichen Verwendung für ihren konkreten Tätigkeitsbereich offen gelassen. Sie forderte Schmerzenzgeld unter anderem auf Grundlage des Art. 82 DSGVO und des Kunsturhebergesetzes (KUG).

Entscheidungsgründe

Das Gericht gab der Klägerin Recht und sprach ihr ein Schmerzensgeld in Höhe eines monatlichen Brutto-Lohns zu. Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich der Anspruch auf Entschädigung aus § 15 AGG oder als Schmerzensgeld nach Art 82 Abs. 1 DSGVO, § 823 BGB iVm. § 22 KUG. Die Beklagte hat unter Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung und das Kunsturhebergesetz ein Bild der Klägerin in einem auf ihre Hautfarbe bezogenen Zusammenhang verwendet, ohne eine schriftliche Einverständniserklärung der Klägerin. Die Ethnie der Klägerin ist auf dem Bild die zentrale Aussage, denn es wird geworben für die Internationalität der Universität. Nach Auffassung des ArbG Münster ist die Aussage des Bildes: Bei uns unterrichten und lernen Menschen aus aller Herren Länder. Für dieses Bild wäre eine Person mit weißer Hautfarbe nicht herangezogen worden. Das Bild der Klägerin wurde vielmehr gerade wegen ihrer Hautfarbe verwendet.

Die Beklagte hätte die Klägerin nach § 26 Abs. 2 S. 3 DSGVO eine schriftliche Einwilligung abgeben lassen und zuvor in Textform über den Zweck der Datenverarbeitung und ihr Widerrufsrecht aufklären müssen. Im Arbeitsverhältnis ist § 22 KUG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Einwilligung der Schriftform bedarf. Die Klägerin ist auch nicht derartig untergeordnet auf dem Bild zu sehen, dass nach § 23 KUG eine schriftliche Einwilligung nicht erforderlich ist.

Das Gericht hat ein Gehalt für ausreichend erachtet.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des ArbG Münster ist aus verschiedenen Gründen sehr bemerkenswert. Zunächst gilt festzuhalten, dass die festgesetzte Entschädigung weit über den „Preisen“ liegt, die bei vergleichbaren Verstößen von (Arbeits-)Gerichten bestimmt werden. So hatte z.B. das ArbG Lübeck (Beschluss vom 20.06.2019, 1 Ca 538/19) entschieden, dass bei Veröffentlichung eines Mitarbeiterfotos durch den Arbeitgeber auf der Facebook-Seite des Unternehmens ohne Einwilligung des Arbeitnehmers aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO ein Anspruch auf Schadensersatz von bis zu 1.000,00 Euro bestehen kann. Die Zivilgerichte sind insoweit noch zurückhaltender (siehe hierzu die Übersicht in der ZD-Aktuell 2021, 05146). Das ArbG Münster sieht in seiner Urteilsbegründung leider auch davon ab, die Festsetzung der Entschädigung der Höhe nach näher zu begründen. Ohnehin liegt entgegen der Auffassung des Gerichts auch die für die gebotene Feststellung des immateriellen Schadens im Rahmen des Art. 82 DSGVO darzulegende Diskriminierung nicht unmittelbar auf der Hand. Wie das Gericht nachvollziehbar festgestellt hat, sollte das Foto der dunkelhäutigen Klägerin gegenüber dem Leser der Broschüre die „Internationalität“ der Beklagten transportieren. Das Foto wurde daher wegen der Hautfarbe der Klägerin verwendet – eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung oder eine Belästigung iSd. AGG bedeutet dieser Befund indes nicht. Vielmehr steht ganz wesentlich eine Persönlichkeitsverletzung der Klägerin in Rede.

Nur am Rande hinzuweisen ist auf weitere „Ungenauigkeiten“ der Entscheidung. Das Gericht verweist auf § 26 Abs. 2 S. 3 BDSG (wobei in der Veröffentlichung die DSGVO angeführt wird – gemeint ist aber augenscheinlich das BDSG). Das Gericht verlangt eine Textform für die Einwilligung. Nach der Vorschrift des § 26 BDSG hat die Einwilligung jedoch "schriftlich oder elektronisch zu erfolgen". Hingegen hat der Arbeitgeber nach § 26 Abs. 2 S. 4 BDSG die beschäftigte Person über den Zweck der Datenverarbeitung und über ihr Widerrufsrecht nach Art. 7 Abs. 3 DSGVO in "Textform" aufzuklären.

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