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Bezeichnung der Vorgesetzten als „Ming Vase“ rechtfertigt Kündigung

Das Arbeitsgericht Berlin (05.05.2021 – 55 BV 2053/21) hat entschieden, dass die Bezeichnung einer Vorgesetzten als „Ming Vase“ unter der Geste des Nach-Hinten-Ziehens der Augen ein Grund für eine außerordentliche Kündigung einer Verkäuferin eines Kaufhauses mit internationalem Publikum sein kann, wenn aus den nachfolgenden Erklärungsversuchen eine Verfestigung der dahinterstehenden Haltung zu erkennen ist.

Sachverhalt

Dem Beschluss des AG Berlin liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung einer Verkäuferin, die zugleich Mitglied des Betriebsrats ist.

Die Verkäuferin äußerte sich gegenüber einer Kollegin mit den Worten: „Heute muss ich darauf achten, dass ich die ausgesuchten Artikel richtig abhake, sonst gibt es wieder Ärger mit der Ming-Vase“. Auf Nachfrage eines anwesenden Vorgesetzten, was damit gemeint sei erklärte die Verkäuferin: „Na Sie wissen schon, die Ming-Vase“. Hierbei zog sie die Augen mit den Fingern nach hinten, um eine asiatische Augenform zu imitieren.

Hieraufhin hörte der Arbeitgeber die Verkäuferin zu dem Vorfall an. Diese erklärte, eine Ming Vase stehe für sie für einen schönen und wertvollen Gegenstand. Zudem sei das Imitieren der asiatischen Augenform lediglich erfolgt, um nicht „Schlitzauge“ zu sagen. Bei „schwarzen Menschen/Kunden“ verwende sie den Begriff „Herr Boateng“, weil sie diesen toll finde.

Der Arbeitgeber ist der Ansicht, in der Gesamtbetrachtung liege eine rassistische Äußerung vor, die die Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen des Kaufhauses als Arbeitgeber verletze und beantragte die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Verkäuferin.

Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung. Er verurteile Rassismus aufs Schärfste, sehe aber bei der betroffenen Verkäuferin kein rassistisches Gedankengut.

Hieraufhin beantragte der Arbeitgeber die Zustimmungsersetzung durch das Arbeitsgericht Berlin.

Entscheidungsgründe

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung ersetzt. Die Bezeichnung der mit den Worten „Ming Vase“ gemeinten Vorgesetzten und die zur Verstärkung der Worte verwendete Geste zur Imitierung der asiatischen Augenform seien zur Ausgrenzung von Mitmenschen anderer Herkunft, deren Beleidigung und zu deren Herabsetzung geeignet und rechtfertigen unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls eine außerordentliche Kündigung.

In der Gesamtbetrachtung liege eine rassistische Äußerung vor, die die Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen des Kaufhauses als Arbeitgeber verletze. Hierin liege eine erhebliche Herabwürdigung der betroffenen Vorgesetzten. Zudem sei es für ein Kaufhaus von internationalen Ruf nicht hinnehmbar, wenn eine Verkäuferin als Aushängeschild im täglichen Kontakt mit internationalem Publikum dieses wahlweise als Ming Vase oder Herr Boateng oder mit sonstigen abwertenden Formulierungen bezeichne.

Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gegeben.

Hinweis für die Praxis

Das BVerfG hat erst im vergangenen Jahr eine Verfassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen, mit welcher der Beschwerdeführer nach Unterliegen in einem Kündigungsschutzstreit gerügt hatte, sein Recht auf Meinungsfreiheit sei im Rahmen der gegenüber einem dunkelhäutigen Arbeitskollegen erfolgten Affenlaute „Ugah Ugah“ durch die Gerichte nicht hinreichend berücksichtigt worden (02.11.2020 – 1 BvR 2727/19). Die Vorinstanzen des AG Köln (09.11.2018 – 18 Ca 7824/17) und des LAG Köln (06.06.2019 – 4 Sa 18/19) hatten dem uneinsichtigen Rechtfertigungsversuch des Klägers, sein Verhalten habe „der Auflockerung der Gesprächsatmosphäre“ gedient und gehöre zum „gepflegten Umgang“ eine klare Absage erteilt. Dies zu Recht, wie das BVerfG befand. Die Äußerung „Ugah, Ugah“ gegenüber einem dunkelhäutigen Kollegen habe für sich genommen einen Charakter, der die Meinungsfreiheit auch im Betrieb zurücktreten lasse. Die gerichtliche Feststellung, dass es sich um eine menschenverachtende Diskriminierung handele sei nicht zu beanstanden.

Der nun vor dem Arbeitsgericht Berlin entschiedene Sachverhalt lässt ebenfalls keinerlei Spielraum zur Rechtfertigung diskriminierender Äußerungen. Dies nicht vor dem Hintergrund bloß vorgeschobener Achtung und vor allen Dingen auch nicht im Schutze des Betriebsratsamtes.

Für rassistisches Gedankengut ist im Arbeitsverhältnis kein Platz.

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