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Pausen mit Präsenzpflicht als Arbeitszeit?

Der EuGH hatte zu entscheiden, ob Pausenzeiten, in der ein Arbeitnehmer binnen zwei Minuten einsatzbereit sein muss, als Arbeitszeit anzusehen sind.

Sachverhalt

Dem Urteil des EuGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein ehemaliger Betriebsfeuerwehrmann der Prager Verkehrsbetriebe klagte vor den tschechischen Gerichten. Dieser musste in seinen zwei jeweiligen 30-minütigen Arbeitspausen, die ihm während seines Dienstes zustanden, erreichbar und binnen zwei Minuten einsatzbereit sein.

Diese Arbeitspausen wurden jedoch nur angerechnet und vergütet, wenn diese tatsächlich durch einen Einsatz unterbrochen wurden. Falls es zu keinem Einsatz kam, zählt die Pause nicht als Arbeitszeit und wird folglich nicht vergütet.

Mit seiner Klage verlangte der ehemalige Feuerwehrmann, dass die beiden 30-minütigen Pausen, die ihm während seines Schichtdienstes zustanden , als Arbeitszeit angesehen und vergütet werden, und zwar auch dann wenn es zu keinem Einsatz kam.

Das Stadtbezirksgericht Prag hat den Gerichtshof zur Auslegung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88 ersucht.

Entscheidungsgründe

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 09.09.2021 (C-107/19) ausgeführt, dass gemäß Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung dahin auszulegen sei, dass die dem Arbeitnehmer zustehenden Pausen, in denen er erreichbar und binnen zwei Minuten einsatzbereit sein muss, als „Arbeitszeit“ einzustufen sei, wenn sich aus einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände ergebe, dass die dem Arbeitnehmer während dieser Ruhepausen auferlegten Einschränkungen solcher Art sind, dass sie objektiv gesehen ganz erheblich seine Möglichkeiten beschränken, die Zeit in der seine beruflichen Leistungen nicht in Anspruch genommen werden, frei zu gestalten und sie seinen eigenen Interessen zu widmen.

Die Frage, wie der Bereitschaftsdienst, wenn diese als Arbeitszeit anzusehen sind, zu vergüten ist, richtet sich allein nach dem jeweiligen nationalen Recht. Die Richtlinie ist allein dafür maßgeblich, ob solche Pausenzeiten überhaupt als Arbeitszeit anzusehen sind oder als Ruhezeit einzustufen sind. Dabei verweist der EuGH im Wesentlichen auf sein Urteil vom 09.03.2021 (C-344/19 "Radiotelevizija Slovenija" Rufbereitschaft an einem abgelegenen Ort).

Dem entsprechenden Hinweis des EuGH zufolge, dass die Möglichkeit des Arbeitnehmers, während der nur 30 Minuten andauernden Ruhezeit sich zu entspannen und sich einer Tätigkeiten seiner Wahl zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich eingeschränkt wird, wenn es gleichzeitig die Beschränkung gibt, binnen zwei Minuten einsatzbereit zu sein hat, dürfte dies nicht mehr als Pause, sondern als Arbeitszeit anzusehen sein.

Hinweise für die Praxis

Für Arbeitgeber ist es daher ratsam, Pausenzeiten – zumindest wenn sie nur im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten gewährt werden – tatsächlich als Ruhezeiten dergestalt zu behandeln, als dass Arbeitnehmer während dieser Zeit nicht binnen kürzester Zeit wieder einsatzbereit sein müssen. Ansonsten kann das nicht nur Vergütungsansprüche auslösen, sondern auch gegebenenfalls Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz nach sich ziehen.

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