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Pauschalvergütungsabrede für Überstunden – Vertragsauslegung

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 14.09.2021 (2 Sa 26/21) entschieden, dass eine arbeitsvertraglich vereinbarte Abrede, dass die Leistung von 10 Überstunden pro Monat mit der vereinbarten Vergütung abgegolten ist, Wirksamkeit entfaltet.

Sachverhalt

Der Kläger arbeitete in einem Unternehmen im Bereich der Lohn- und Finanzbuchhaltung und erhielt hierfür ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 1.800 Euro. Die regelmäßige Arbeitszeit betrug 40 Wochenstunden. Laut Arbeitsvertrag war mit dem Lohn auch „etwaige über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit im Umfang von bis zu zehn Stunden pro Monat abgegolten“. Nachdem der Kläger feststellte, dass er faktisch immer mehr als die regelmäßig vereinbarte Arbeitszeit von 40 Wochenstunden arbeitete, verlangte er schließlich für 92 im Jahr 2018 abgeleistete Überstunden eine Vergütung von insgesamt 940 Euro. Er arbeite regelmäßig nicht 40, sondern vielmehr 42 oder 43 Stunden pro Woche. Die arbeitsvertragliche Klausel zur Überstundenvergütung sei überraschend und damit unwirksam.

Entscheidungsgründe

Die Klage hatte weder vor dem ArbG noch vor dem LAG Erfolg. Dem Kläger wurde lediglich eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 20,46 Euro für zwei Überstunden zugesprochen. Laut Arbeitsvertrag sei die Überstundenvergütung für bis zu zehn geleistete Überstunden pro Monat mit dem Gehalt abgegolten. Bei den zwei zu bezahlenden Überstunden habe der Kläger in einem Monat zwölf Überstunden geleistet.

Die Klausel sei – so das LAG – nicht überraschend im Arbeitsvertrag aufgeführt worden. Sie sei im Vertrag unter der Überschrift „Vergütung“ aufgeführt. Es sei zudem üblich, dass Arbeitgeber anfallende Überstunden pauschal mit dem Gehalt begleichen wollen. Die Vereinbarung sei auch ausreichend transparent. Der Kläger habe bei Vertragsschluss bereits erkennen können, was auf ihn zukommt. Insoweit liege auch keine Täuschung von Seiten des Arbeitgebers vor. Der Arbeitgeber habe zudem keine Aussage hinsichtlich der Häufigkeit von Überstunden getätigt. Es bestehe schließlich Vertragsfreiheit. Solange die Vereinbarung gegen keine gesetzlichen Regelungen verstößt, sei sie wirksam. Unwirksam könne die Überstundenklausel sein, wenn letztlich ein sittenwidriger Lohn gezahlt werde. Dies sei in der Regel der Fall, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel der üblichen tariflichen Entlohnung entspricht. Auch bei Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohnes wäre die Klausel unwirksam. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen, urteilte das LAG.

Hinweise für die Praxis

Grundsätzlich gilt, dass Überstunden extra bezahlt oder durch Freizeit ausgeglichen werden müssen. Eine Vereinbarung, dass Überstunden pauschal mit der monatlichen Vergütung abgegolten sind, ist nur in bestimmten Grenzen erlaubt. Für Vertragsklauseln in vorformulierten Standardarbeitsverträgen gelten die Vorschriften zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Demnach ist es verboten, mehrdeutige und überraschende Klauseln zu verwenden, mit denen der Arbeitnehmer nicht rechnen kann (§ 305c BGB). Ferner dürfen AGB-Bestimmungen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB). Eine unangemessene Benachteiligung kann sich unter anderem daraus ergeben, dass eine Klausel nicht klar und verständlich formuliert ist (sog. Transparenzgebot). Anders gewendet: Der Arbeitnehmer muss bei Lektüre des ihm zur Unterschrift vorgelegten Arbeitsvertrags unschwer erkennen müssen, in welchem zeitlichen Umfang er (ggf.) seine Arbeitsleistung erbringen muss, um die ihm zugesagte Vergütung zu verdienen. Die Überstunden sind dann von der zugesagten Vergütung umfasst, wenn diese eindeutig definiert sind und nicht unangemessen hoch sind, wobei die Rechtsprechung – letztlich auch abhängig von der in Rede stehenden Tätigkeit und der zugesagten Vergütung – es als zulässig erachtet, 10-15% der regulären Arbeitszeit mit der Vergütung abgegolten zu vereinbaren. Dementsprechend genügt hingegen eine Klausel, wonach „erforderliche Überstunden“ mit dem Monatsgehalt abgegolten sind, nicht dem Transparenzgebot und ist deshalb unwirksam ist (BAG, Urteil vom 01.09.2010, 5 AZR 517/09). Bei einer solchen Formulierung ist für den Arbeitnehmer eben nicht vorhersehbar, in welchem Umfang Überstunden anfallen können beziehungsweise wie viele Überstunden konkret mit dem Monatsgehalt abgegolten sind.

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