
Kurzarbeit Null verkürzt den Jahresurlaubsanspruch
Das LAG Düsseldorf hat mit Urteil vom 12.03.2021 (Az.: 6 Sa 824/20) entschieden, dass während der Dauer der Kurzarbeit Null kein Urlaubsanspruch entsteht. Folglich ist der Jahresurlaubsanspruch entsprechend zeitratierlich um ein Zwölftel für jeden vollen Monat der Anordnung von Kurzarbeit Null zu kürzen.
Sachverhalt
Die Beklagte beschäftigt die Klägerin als Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten in Teilzeit. Der Klägerin steht auf der Grundlage des Arbeitsvertrages ein Jahresurlaubsanspruch von 28 Werktagen zu. Unter Berücksichtigung der Teilzeittätigkeit von 3 Wochenarbeitstagen ergibt sich hieraus unstreitig ein jährlicher Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen. Pandemiebedingt ordnete die Beklagte ab dem 01.04.2020 wiederholt Kurzarbeit Null an. Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Jahresurlaub für die Zeiten der Anordnung von Kurzarbeit Null zeitanteilig zu kürzen ist und der Klägerin allenfalls insgesamt 11,5 Arbeitstage Urlaub zustehen. Weitere Urlaubsansprüche lehnte die Beklagte ab. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage bei dem Arbeitsgericht Essen die Feststellung, dass ihr der volle Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen für das Jahr 2020 zusteht. Sie ist der Ansicht, die Anordnung von Kurzarbeit Null lasse ihren Urlaubsanspruch unberührt, weil die Kurzarbeit Null ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers angeordnet werde. Es handele sich bei Kurzarbeit Null wegen fortbestehender Meldepflichten nicht um Freizeit. Überdies fehle es an jeglicher Planbarkeit, weil die Kurzarbeit Null durch den Arbeitgeber kurzfristig vorzeitig beendet werden könne. Die Beklagte lehnte die Gewährung weiteren Urlaubs mit der Begründung ab, dass während der Dauer von Kurzarbeit Null mangels einer Verpflichtung zur Arbeitsleistung keine Urlaubsansprüche entstehen. Sie sei daher berechtigt, den Jahresurlaubsanspruch für jeden vollen Monat der Anordnung von Kurzarbeit Null um ein Zwölftel zu kürzen.
Das Arbeitsgericht Essen hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 06.10.2020. Az.: 1 Ca 2155/20), aber die Berufung gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG zugelassen, weil der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung hat. Die Berufung der Klägerin vor dem LAG Düsseldorf hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Nach Auffassung des LAG Düsseldorf hat die Klägerin während der Dauer der von der Beklagten angeordneten Kurzarbeit Null gemäß § 3 BurlG keinen Urlaubsanspruch erworben. Wegen des Erholungszweckes sei Voraussetzung für den Urlaubsanspruch, dass eine Verpflichtung zur Arbeitstätigkeit bestehe. Während der Kurzarbeit Null entfalle allerdings aufgrund der Suspendierung der beiderseitigen Leistungsverpflichtungen auch diese Verpflichtung. Daher sei der Jahresurlaubsanspruch anteilig um ein Zwölftel für jeden vollen Monat der Anordnung von Kurzarbeit Null zu kürzen. Dem steht nach Auffassung des LAG europäisches Recht ebenso wenig entgegen, wie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Der EuGH habe entschieden, dass während der Dauer von Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entsteht. Den nationalen Gesetzen, insbesondere dem Bundesurlaubsgesetz sei eine günstigere Regelung, die es gebiete, Kurzarbeit Null anders zu behandeln, nicht zu entnehmen. Auch unter Berücksichtigung der Pandemiesituation sei eine andere Betrachtung nicht gerechtfertigt.
Hinweise für die Praxis
Die Entscheidung des LAG Düsseldorf findet sich im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urteil vom 13.12.2018, Az: C-385/17 „Hein“) und stellt überdies klar, dass auch in Zeiten der pandemiebedingten Anordnung von Kurzarbeit Null die tatsächliche Erbringung von Arbeitsleistung Voraussetzung für den Erwerb des Urlaubsanspruches ist. Allerdings hat das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Rechtsansicht des LAG Bestand hat.
16. April 2021