Stefan Daub, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Keine Vergütungsansprüche bei Scheingeschäft

Das BAG hat mit Urteil vom 14.10.2020 – 5 AZR 409/19 entschieden, dass ein nicht gelebter Arbeitsvertrag ein Scheingeschäft darstellt und damit nichtig ist. Ein Anspruch auf Vergütung besteht in diesen Fällen nicht.

Sachverhalt

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Vergütungsansprüche im Umfang von ca. EUR 15.000 geltend. Die Klägerin hat im Jahr 2005 mit der Beklagten einen Arbeitsvertrag geschlossen, wonach sie als Beraterin – zuletzt gegen ein Entgelt von ca. EUR 3.700 brutto – tätig sein sollte. Der Sohn der Klägerin war bis zum Verkauf seiner Anteile an Herrn S im Dezember 2017 alleiniger Geschäftsführer. Mit dem Verkauf der Anteile wurde Herr S Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Beklagten.

Im Dezember 2017 erhielt die Klägerin die Kündigung mit Wirkung zum 31.05.2018. Eine Kündigungsschutzklage wurde nicht erhoben. Die Beklagte hat für den Monat Januar 2018 noch die Vergütung an die Klägerin gezahlt. Für die folgenden Monate erfolgte keine Zahlung mehr. Im Jahr 2018 wurde seitens der Klägerin keinerlei Arbeitsleistung erbracht. Die Klägerin machte nun mit ihrer Klage das Gehalt von Februar 2018 bis Mai 2018 geltend.

Sie war hierbei der Ansicht, sie habe ein Anspruch auf Arbeitsvergütung ohne Arbeitsleistung. Mit der Beklagten sei im November 2017 vereinbart worden, dass sie im Fall der Kündigung von Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt werde. Diese Vereinbarung habe sie mit ihrem Ehemann als bevollmächtigtem Vertreter ihres Sohnes in dessen damaliger Funktion als Geschäftsführer der Beklagten vereinbart.

Im Übrigen habe sie seit Beginn des Arbeitsverhältnisses nicht im Betrieb der Beklagten gearbeitet. Daher habe sie ihre Arbeitskraft nicht angeboten und auch nicht anbieten müssen. Von Anfang an habe sie Gehalt ohne Arbeitsleistung erhalten. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin den von den Vorinstanzen abgelehnten Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe

Auch das BAG wies den Anspruch der Klägerin ab. Ein Anspruch der Klägerin bestehe bereits deshalb nicht, da der im September 2005 abgeschlossene Arbeitsvertrag als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB einzuordnen sei. Ein solches liege dann vor, wenn die Parteien einverständlich den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die damit verbundene Rechtswirkung nicht eintreten lassen wollen. Wollten die Parteien des Arbeitsvertrags nicht, dass der Arbeitnehmer aufgrund dieses Vertrags überhaupt eine Arbeit zu verrichten habe, beabsichtigten sie nicht den Eindruck der rechtlichen Verpflichtung und Folgen der von ihnen abgegebene Willenserklärung in Form von Arbeitsleistung gegen Arbeitsentgelt herbeizuführen. Bestehe Einigkeit darüber, dass das vereinbarte Entgelt ganz oder zumindest teilweise nicht als Gegenleistung für die Erbringung einer Arbeitsleistung, sondern aus anderen Gründen gezahlt werden solle und eine Pflicht zur Arbeitsleistung nicht begründet werde, sei ein Arbeitsvertrag als Scheingeschäft einzuordnen. So liege der Sachverhalt hier. Die Beklagte habe vorgetragen, nie im Betrieb der Beklagten gearbeitet und auch zu keinem Zeitpunkt ihre Arbeitskraft angeboten zu haben oder hierzu verpflichtet gewesen zu sein. Von Anfang an habe sie ihr Gehalt ohne eine Arbeitsleistung erhalten. Damit liege bereits nach eigenem Vortrag ein Scheingeschäft mit der Folge vor, dass ein Anspruch hinsichtlich der begehrten Zahlung ausscheide. Die Klage sei insoweit bereits unschlüssig.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des BAG überzeugt. Zu beachten ist jedoch, dass ein Scheingeschäft zwar in Fällen abzulehnen sein kann, in denen das vereinbarte Arbeitsverhältnis auch tatsächlich vollzogen worden ist. In derartigen Fällen sei, wie das BAG ergänzend ausführt, grundsätzlich nicht von einem Scheingeschäft auszugehen.

Generell ist in Konstellationen, wie der vorliegenden, jedoch dann auch zu beachten, dass nicht nur ein Scheingeschäft zur Nichtigkeit eines Arbeitsvertrages führen kann. Auch im Falle von Umgehungsgeschäften kann eine Nichtigkeit mit entsprechenden Folgen für die Parteien gegeben sein. Im Falle des Scheingeschäfts ist nach § 117 I BGB eine Erklärung nichtig, die mit Einverständnis des Erklärungsempfängers nur zum Schein abgegeben wird. Die Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts sind also tatsächlich nicht gewollt. Beim Umgehungsgeschäft hingegen sind die Rechtsfolgen des Geschäfts gewollt. Die Rechtsfolge einer dem Rechtsgeschäft möglicherweise entgegenstehenden Rechtsnorm wiederum ist hingegen nicht gewollt. Das Umgehungsgeschäft ist nicht nach § 117 Abs. 1 BGB, sondern ggf. nach § 134 BGB nichtig. Beide Normen können auch im Zusammenspiel auftreten. So erachtete das BAG (18.03.2009 – 5 AZR 355/08) etwa einen Arbeitsvertrag für nichtig, der mit einem Meister über eine Tätigkeit als Betriebsleiter nur zum Zwecke der Umgehung der Vorschriften der GewO über den Befähigungsnachweis und der Eintragung in die Handwerksrolle abgeschlossen wurde. Zudem wurde der Arbeitnehmer tatsächlich nicht im erforderlichen Umfang als Betriebsleiter tätig. In diesem Fall wurde einerseits der Arbeitsvertrag als Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB eingestuft, da es an der Tätigkeit des Klägers fehlte. Hiermit wurde der aus dem Arbeitsvertrag folgende Vergütungsanspruch abgelehnt. Zudem wurde der auf eine vermeintliche Zusatzvereinbarung gestützte Vergütungsanspruch aufgrund Verstoßes gegen § 134 BGB abgelehnt, da diese nur dem Zweck dienen sollte, dem Betrieb einen nach § 7 GewO erforderlichen Meistertitel ohne Erbringung einer nennenswerten Arbeitsleistung zur Verfügung zustellen.

Die Abgrenzung von Scheingeschäft und Umgehungsgeschäft kann im Einzelfall schwierig sein. In beiden Fällen ist charakteristisch, dass der angestrebte Erfolg eines Rechtsgeschäfts verschleiert werden soll. Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist von derartigen Konstruktionen abzuraten, da in der Regel auch die Durchsetzung von Rückerstattungs- oder Schadensersatzansprüchen scheitern dürfte.

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