
Keine Vergütung für Umkleide- und Wegezeiten
Das An- und Ablegen der Schutzausrüstung eines Wachpolizisten ist keine zu vergütende Arbeitszeit, sofern die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Umkleidemöglichkeiten nicht genutzt werden und sich der Arbeitnehmer im privaten Bereich umzieht, so das BAG (Urteil vom 31.03.2021 – 5 AZR 148/20 und 5 AZR 292/20).
Sachverhalt
Den Urteilen des BAG lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die beiden Kläger sind als Wachpolizisten im Zentralen Objektschutz tätig. Während der Arbeitszeit müssen beide eine Polizeiuniform nebst Dienstwaffe und weiterer Schutzausrüstung tragen. Dabei ist ihnen freigestellt, ihre Arbeitswege in Uniform oder in ziviler Kleidung zurückzulegen. In den zu bewachenden Objekten befinden sich nur teilweise Umkleidemöglichkeiten. Steht eine solche nicht zur Verfügung, können die Kläger sich auf der nächstgelegenen Dienststelle umziehen und dort ihre Polizeiuniformen aufbewahren. Darüber hinaus wurde den Klägern ein externes Waffenschließfach bereitgestellt.
Der Kläger 1 zieht sich regelmäßig bereits zu Hause um und bewahrt auch seine Dienstwaffe dort auf. Der Kläger 2 war anfangs als sogenannter Springer eingesetzt und bewachte regelmäßig unterschiedliche Objekte. Aufgrund der ständig wechselnden Arbeitsorte verfügte er über keinen Spind bei einer nahegelegenen Dienststelle, um seine Uniform dort aufzubewahren. Darüber hinaus nutzte er das dienstliche Waffenschließfach und machte auf jeder Fahrt zum oder vom Arbeitsplatz einen Umweg, um die Waffe zu holen bzw. zu verstauen.
Die Kläger vertreten die Auffassung, dass es sich bei den Umkleide- und Rüstzeiten sowie beim Anlegen der Waffe, um zu vergütende Arbeitszeit handle. Auch hinsichtlich der Zeiten für die Arbeitswege hätten sie einen Vergütungsanspruch. Das Tragen der auffälligen Dienstkleidung sei offensichtlich durch das Arbeitsverhältnis veranlasst. Daher seien die Arbeitswege in Dienstkleidung als fremdnützig einzustufen und entsprechend zu vergüten.
Das LAG Berlin-Brandenburg hat dem Kläger 2 eine Vergütung für die Umkleidezeiten und den zusätzlich zurückzulegenden Weg zum Waffenschließfach zugesprochen (Urt. v. 19.11.2019 – 7 Sa 620/19). Im Übrigen wurden die Klagen abgewiesen. Die Revisionen der Kläger hatten keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Maßgeblich für die Entscheidung des BAG war die Frage, ob die Kläger über dienstliche Umkleidemöglichkeiten verfügen. Ziehe sich der Arbeitnehmer auf der Arbeit um, so gehöre diese Tätigkeit mit zur Arbeitszeit. Ebenfalls zu vergüten sei die Umkleidezeit, wenn der Arbeitnehmer gar keine andere Möglichkeit habe, als sich zu Hause umzuziehen. Stehe hingegen eine Umkleidemöglichkeit zur Verfügung, aber der Arbeitnehmer nutze diese nicht, so bestehe kein Vergütungsanspruch.
Der Weg zur Arbeit sei als Teil der privaten Lebensführung ebenfalls nicht zu vergüten, denn es stehe dem Arbeitnehmer frei, wie er zu seiner Arbeitsstätte gelange. Dies gelte unabhängig davon, ob auf dem Arbeitsweg eine auffällige Dienstkleidung getragen werde.
Anders beurteile sich dies aber bei dienstlich veranlassten zusätzlichen Wegen zum Arbeitsort wie vorliegend dem Abholen der Dienstwaffe. Solche Tätigkeiten wiesen einen fremdnützigen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis auf. Im konkreten Fall sei aber lediglich der Weg vom Wohnort zum Schließfach zu vergüten. Die sich anschließende Fahrt vom Schließfach bis zum Arbeitsort zähle wiederum zum normalen Arbeitsweg und werde als Teil der privaten Lebensführung somit nicht vergütet.
Hinweise für die Praxis
Die Entscheidung des BAG, die bislang nur als Pressemitteilung veröffentlicht ist, kann wohl auf sämtliche Tätigkeiten übertragen werden, bei denen auf Weisung des Arbeitgebers besondere Arbeitskleidung zu tragen ist. Zieht sich der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz um, so ist diese Zeit zu vergüten. Zu betonen ist dabei, dass es sich um auffällige Dienstkleidung handeln muss, die der Arbeitnehmer normalerweise nicht tragen würde, sondern dies nur auf Weisung des Arbeitgebers tut. Nur in diesem Fall ist das Tragen der Arbeitskleidung fremdnützig.
Hinsichtlich eines Vergütungsanspruchs für den Arbeitsweg hält das BAG an seiner Rechtsprechung fest, dass Fahrten zum Arbeitsplatz grundsätzlich der Erfüllung eines eigenen Bedürfnisses des Arbeitnehmers dienen und diese nicht zu vergüten sind. Ausnahmen sind von der Rechtsprechung aber für Außendienstler und Monteure anerkannt.
22. April 2021