Dr. Christoph Fingerle, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Darf der Arbeitgeber die Rückkehr aus dem Homeoffice einseitig anordnen?

Wenn ein Arbeitgeber – auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der einschlägigen Arbeitsschutz-Regelungen – seinem Arbeitnehmer gestattet hatte, seine Tätigkeit von zu Hause aus zu erbringen, kann er dann aus betrieblichen Gründen einseitig die Rückkehr aus dem Homeoffice anordnen? Das Landesarbeitsgericht München hatte dies zu entscheiden.

Sachverhalt

Der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Arbeitnehmer war als Grafiker in Vollzeit beschäftigt. Seit Dezember 2020 arbeiteten die sonst im Büro tätigen Mitarbeiter aufgrund Erlaubnis des Geschäftsführers an ihrem jeweiligen Wohnort mit Ausnahme des Sekretariats, das im eingeschränkten Umfang vor Ort im Büro in München anwesend blieb. Mit Weisung vom 24.02.2021 hat der Arbeitgeber gegenüber dem Kläger angeordnet, die Tätigkeit als Grafiker wieder unter Anwesenheit im Büro in München zu erbringen. Der Arbeitnehmer wollte mit seiner Klage erreichen, dass ihm das Arbeiten aus dem Homeoffice gestattet wird und diese Homeoffice-Tätigkeit nur in Ausnahmefällen zu unterbrochen werden darf. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Arbeiten im Homeoffice ergebe sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus § 2 Abs. 4 SARS-CoV-2-ArbSchV. Aus § 106 S. 1 GewO lasse sich keine Pflicht des Arbeitgebers herleiten, sein Direktionsrechts im Rahmen billigen Ermessens in der gewünschten Weise auszuüben. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht sei Sache des Arbeitgebers. Die allgemeine Gefahr, sich auf dem Weg zur Arbeit mit Covid-19 anzustecken und das allgemeinen Infektionsrisiko am Arbeitsort und in der Mittagspause würden einer Verpflichtung zum Erscheinen im Büro nicht entgegenstehen.

Entscheidungsgründe

Das LAG München hat diese Entscheidung durch Urteil vom 26.08.2021, Az. 3 SaGa 13/21, bestätigt und ausgeführt, dass der Arbeitgeber unter Wahrung billigen Ermessens den Arbeitsort durch Weisung neu bestimmen durfte. Der Arbeitsort war weder im Arbeitsvertrag noch kraft späterer ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung der Parteien auf die Wohnung des Verfügungsklägers festgelegt. Das Recht, die Arbeitsleistung von zuhause zu erbringen, habe im Februar 2021 auch nicht gem. § 2 Abs. 4 SARS-CoV-2-ArbSchVO bestanden. Nach dem Willen des Verordnungsgebers vermittele diese Vorschrift kein subjektives Recht auf Homeoffice. Die Weisung habe billiges Ermessen gewahrt, da zwingende betriebliche Gründe der Ausübung der Tätigkeit in der Wohnung entgegenstanden. Die technische Ausstattung am häuslichen Arbeitsplatz habe nicht der am Bürostandort entsprochen und der Arbeitnehmer habe nicht dargelegt, dass die Daten gegen den Zugriff Dritter und der in Konkurrenz tätigen Ehefrau geschützt waren. Das Urteil vom 26.08.2021, Az. 3 SaGa 13/21 ist rechtskräftig.

Hinweis für die Praxis

Das Landesarbeitsgericht München folgt bei seiner Entscheidungsfindung der gefestigten Rechtsprechung zur Prüfung von Arbeitgeber-Direktionsmaßnahmen. Zunächst ist festzustellen, ob das Direktionsrecht eingeschränkt ist, oder noch besteht, wenn ja in welchem Umfang. Hält sich die streitige Arbeitgebermaßnahme in diesem Bereich, ist auf der Ebene der sogenannten Ausübungskontrolle zu prüfen, ob die Arbeitgebermaßnahme billigem Ermessen entspricht. Dies haben die Instanzgerichte im vorliegenden Fall bejaht.

Dass sich auch aus § 2 Abs. 4 SARS-CoV-2-ArbSchVO kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Homeoffice-Tätigkeit ergibt ist allgemein anerkannt.

In der Praxis kann betroffenen Arbeitnehmern daher nur empfohlen werden, entsprechende Arbeitgeberanordnungen keinesfalls zu missachten. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Arbeitsgericht Kiel mit Urteil vom 11. März 2021,6 Ca 1912/20, eine außerordentliche Kündigung für berechtigt gehalten hat, weil der Arbeitnehmer unter Verweis auf entsprechende Gründe die Arbeit im Betrieb verweigert hatte.

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