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Beendigung der Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung

Das LAG Köln hat mit Beschluss vom 02.11.2021 (4 TaBV 19/21) entschieden, dass die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung endet, wenn der Schwellenwert gemäß § 177 Abs. 1 SGB IX unterschritten wird.

Sachverhalt

Die Beteiligten stritten um die Fortdauer der Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung, nachdem die Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiter in ihrem Betrieb unter die Zahl von fünf abgesunken war. Bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung am 13.11.2019 waren fünf Schwerbehinderte und ihnen Gleichgestellte in dem Betrieb beschäftigt. Zum 01.08.2020 sank diese Zahl auf vier ab. Nachdem die Arbeitgeberin die Auffassung vertreten hatte, die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung sei deshalb beendet, begehrte die Schwerbehindertenvertretung beim Arbeitsgericht die Feststellung, dass ihre Amtszeit nicht am 01.08.2020 aufgrund des Herabsinkens der Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiterin dem Betrieb unter fünf beendet ist. Das Arbeitsgericht Köln hat diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Grundsatz im Betriebsverfassungsrecht, dass bei Absinken der wahlberechtigten Beschäftigtenzahl unter fünf die Amtszeit des Betriebsrats ende, sei auf die Schwerbehindertenvertretung übertragbar.

Entscheidungsgründe

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das LAG zurückgewiesen, die Rechtsbeschwerde zum BAG jedoch zugelassen. Aus der Formulierung des § 177 Abs. 1 SGB IX lasse sich nicht entnehmen, dass hinsichtlich der erforderlichen Anzahl an schwerbehinderten Beschäftigten nur auf den Zeitpunkt der Wahl abzustellen ist. Auch die Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes sprächen für eine Übertragung des im Betriebsverfassungsrecht geltenden Grundsatzes, wonach bei einem Absinken der Mitarbeiterzahl unter den Schwellenwert die Amtszeit endet, auf die Schwerbehindertenvertretung. Im Hinblick auf die Beteiligungsrechte beider Gremien sei ein Gleichlauf geboten.

Hinweise für die Praxis

Voraussetzung für die Wahl einer Vertrauensperson und wenigstens eines stellvertretenden Mitglieds nach § 177 SGB IX ist die dauernde Beschäftigung von wenigstens fünf schwerbehinderten Mitarbeitern und/oder sog Gleichgestellten in einem Betrieb. Durchaus streitig ist, welche Auswirkung das Absinken dieser Zahl auf das Amt der Vertretung hat. In Bezug auf den Betriebsrat ist die Einschätzung eindeutig: Sinkt die Anzahl der ständig wahlberechtigten Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend unter fünf, verliert der Betrieb seine Betriebsratsfähigkeit, sodass das Amt des Betriebsrats endet. Sinkt die Zahl der schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen unter fünf, ist dies nach Auffassung einiger Kommentatoren kein Grund zum Erlöschen des Amtes; es besteht vielmehr bis zum Ende der Amtszeit fort. Das sieht das LAG Köln (ebenso LAG Niedersachsen v. 20.08.2008, 15 TaBV 145/07, AE 2009, 218) aber – zu Recht – anders. Der Gleichlauf von BetrVG und SGB IX ist in der Tat aus systematischen Gründen geboten. Für eine differenzierte Behandlung der vergleichbaren Sachverhalte streitet hingegen kein Argument. Das BAG wird ggf. die Gelegenheit erhalten, die Streitfrage abschließend zu beantworten.

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